// 2008

// Bücher

Die besten deutschsprachigen Sachbücher des Jahres 2008

Ralf-Peter Märtin, Die Varus-Schlacht (S. Fischer)

in der Kategorie erzählendes Sachbuch, Geschichte

Erstaunlich, was Märtin aus einigen rostigen Kupfermünzen, die irgendwo südlich von Osnabrück im Jahre 9 im Schlachtgetümmel verloren gegangen sind, macht.

Markus Bennemann, Im Fadenkreuz des Schützenfischs (Eichborn)

in der Kategorie erzählendes Sachbuch, Naturwissenschaft

Ein Buch, das in allen Teilen gut unterhält, weil es gut erzählt ist. Nebenbei: ein großartiges Buch über Tiere, das Markus Bennemann da gelungen ist.

Henrik Müller, Die sieben Knappheiten (Campus)

in der Kategorie erzählendes Sachbuch, Zeitgeschichte

Die Grundidee des Buches, unsere Gegenwart einmal nicht nach den politischen Blöcken aufzuteilen und ebenso wenig im Strudel der Globalisierung alles gleichgültig werden zu lassen, sondern nach der Liste der knappen Ressourcen darzustellen, ist bestechend und ersetzt zahlreiche Einzelveröffentlichungen.

Maja Nielsen: Jane Goodall und Dian Fossey (Gerstenberg)

in der Kategorie Jugendsachbuch

Ein wunderbares Sachbuch über Jane Godall und Dian Fossey von Maja Nielsen. Nicht nur, aber ideal für Mädchen.


Christiane Hoffmann, Hinter den Schleiern Irans (Dumont)

in der Kategorie Reportage

Klar, wahr und schön erzählt Christiane Hoffmann in ihrem Buch, jenseits der zahllosen Debattenbücher, die viele Meinungen aber keine Anschauungen enthalten.

Julia Friedrichs, Gestatten Elite (Hoffmann und Campe)

in der Kategorie Thesenbuch

Bildungs- und Elitendiskussion in gut geschriebenen Reportagen von Julia Friedrichs geschickt zusammengeführt.


Reiner Stach, Kafka. Die Jahre der Erkenntnis (S. Fischer)

in der Kategorie Biografie

Auch im zweiten Band seiner auf drei Bänden angelegten Biografie ist bei Reiner Stach das Material glänzend in Literatur aufgegangen.


Martin Mosebach, Stadt der wilden Hunde (Hanser)

in der Kategorie Reisebuch

Nirgends lässt sich gemächlicher Konservativismus besser genießen als in Mosebachs Reisebuch, ein Genre, das sich sonst so gern schnell gibt.

Alex Capus, Himmelsstürmer. Zwölf Portraits (Knaus)

in der Kategorie kurze Prosa

Nicht der besondere Stoff macht dieses Buch aus, sondern die Sprache. Und die macht dann was daraus. So wie bei Alex Capus sollte es immer sein.

Kathrin Passig, Sascha Lobo: Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin (Rowohlt)

in der Kategorie Ratgeber

Der Ratgeber, der arme Hund des Sachbuchs, wird hier von der Literatur rechts überholt.

Jury: Michael Schikowski

Zu den besten deutschsprachigen Sachbüchern des Jahres 2014, des Jahres 2013, des Jahres 2012, des Jahres 2011, des Jahres 2010, des Jahres 2009 .

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Barock und Debatte

Karl-Heinz Ott
Tumult und Grazie
Hoffmann und Campe 2008

Die Wiederentdeckung der Barockmusik vor 30 bis 40 Jahren vollzog sich auch als Aufstand des Orchesters gegen die großen Diktatoren am Pult, Böhm und Karajan. Sie erlebte ihren ersten Höhepunkt in der Einspielung der Brandenburgischen Konzerte von Bach durch Reinhard Göbel. Danach ging es Schlag auf Schlag, Gezirp auf Geknarr, Gesirr auf Geschnarr. Galt Barock bislang doch als bloße verknarzte Affektmaschine, die die Idee der Subjektivität und Individualität nicht kannte. Adorno, der vielleicht berühmteste Musikverkenner, nannte die Aufführungspraxis auf historischen Instrumenten einen „Rückfall in die Barbarei“, was Ott allzu zurückhaltend mit „erstaunliche Unkenntnis“ quittiert, waren Adornos Gedanken zur Kulturindustrie doch in der Regel alle frei von Empirie. Interessant immerhin, dass gerade durch und mit der Barockmusik sich ein Demokratisierungsschub im Musikleben durchsetzte. Nun, die Zeiten in denen Barockmusik als Debattierclub über Phrasierung und Tempi organisiert war, sind heute auch vorbei. » weiter lesen

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Hohenzollernlegenden – Personal Struktur Material

John C. G. Röhl
Wilhelm II. Der Weg in den Abgrund (1900-1941)
C. H. Beck 2008

Der 150. Geburtstag Kaiser Wilhelm II. ist gerade ziemlich geräuschlos vorüber gegangen, das Werk von John C. G. Röhl über den letzten deutschen Kaiser mit dem dritten Band vollendet, da fällt mir ein ganz anderes Buch über Wilhelm II. von 1925 in die Hände. Es stammt von Emil Ludwig.

Röhl, der hier ja mehr ein Quellenwerk herausgegeben als eine Biographie geschrieben hat, versucht darin nichts geringeres als Wilhelm II. als Person wieder mit der Weltgeschichte in Verbindung zu bringen. Seine Zunft hatte den Hohenzollern als handelnde Person aus der Weltgeschichte fast herausgeschrieben.

Interessanterweise verfolgt Emil Ludwig in seinem Buch Absichten, die denen Röhls gar nicht so unähnlich scheinen: „Hier ist der Versuch gemacht, aus den Charakterzügen eines Monarchen unmittelbar die weltpolitischen Folgen, aus seinem Wesen das Schicksal seines Volkes zu entwickeln“, schreibt er in der Einleitung. Die Zunft allerdings, in der Person Hans Delbrücks und Wilhelm Mommsens mit der sogenannten „Versailler Schuldlüge“ befasst, war damals sofort über dergleichen „historische Belletristik“, zumal sie erfolgreich war, schwer beleidigt. „Kitsch“, rief Delbrück, da die Polizei zu rufen nichts genutzt hätte. » weiter lesen