// 2008

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Der Mann mit der Mütze

Jacques Cousteau
Der Mensch, die Orchidee und der Oktopus
Campus 2008

Als ich ein kleiner Junge war, bekam ich ein Buch von Jacques Cousteau geschenkt, an das ich mich noch heute erinnere. Während aber andere, und zwar sehr, sehr viele durch Jacques Cousteau ihre bis heute andauernde Leidenschaft für’s Tauchen entdeckten, beeindruckte mich vor allem Cousteaus Erzählung von den Wein-Amphoren – ich war schon früh an Experimenten, die mit Alkohol zu tun hatten interessiert – von römischen Wein-Amphoren, die er aus dem Mittelmeer fischte, und – natürlich nur aus wissenschaftlichem Interesse am Zustand des Weins interessiert – gemeinsam mit seinen Begleitern verköstigte. – Na ja, wie man weiß, überlebten sie.
Jacques Cousteau beeindruckte vielleicht auch darum so viele, weil er die Träume in die Realität umsetzte, die wir alle bei Jules Verne träumten. Doch geht Jacques Cousteau weit über Jules Verne hinaus, denn in ihm verbindet sich die Begeisterung für Technik mit dem Naturschutz.
Jacques Cousteau widmete sein Leben der Welt der Meere, zu deren Entdeckung und Erforschung am Anfang kaum die einfachsten technischen Voraussetzungen erfüllt waren. So entwickelt Jacques Cousteau die Aqualunge und den Trockenanzug.
An vielen Stellen des Buches aber geht es genau nicht um wilde Abenteuerlust, bei der man sich zum Beispiel mit verdorbenen Wein aus römischen Amphoren vergiftet oder mutwillig einem Haiangriff aussetzt. Vielmehr – und da verbinden sich bei Cousteau Forschung und Natur, Neugier und Respekt – vielmehr geht es ihm immer wieder um die realistische Abschätzung des Risikos. Die kritische Abschätzung des Risikos in Hinsicht technischer Innovationen, die Cousteau zu einem der ersten und erfolgreichsten Umweltschützer macht, und im Alltag eines Tauchers bei den Kapverdischen Inseln.

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Beobachten und beschreiben

Douwe Draaisma
Geist auf Abwegen
Eichborn 2008

Draaisma schreibt hier nichts weniger als das Lexikon der Eponyma der Nervenkrankheiten. Ein Eponym ist ein Eigenname, der zu einem Gattungsnamen geworden ist. Alzheimer zum Beispiel. Der Vorname nicht nur, die ganze Biografie, manchmal die Tatsache, dass das „jemand“ gewesen sein könnte, ist dabei vollständig in Vergessenheit geraten. Was Draaisma aus diesen vergessenen Eponyma macht ist eine bewundernswert gut geschriebene Hagio-, nein Medicografie.

Mediziner haben dabei unseren Körper, seine Teile, seine Defekte, Syndrome und Reaktionen buchstäblich mit ihren Namen vollständig kolonisiert. Dabei konzentriert sich Draaisma auf die Eponyma der Nerven- und Hirnforschung, von ihm wiederentdeckt werden: z.B. Parkinson, Korsakow, Tourette und Asperger. Draaisma führt uns dabei in das Herz des Wissenschaftsbetriebs, in dem Ehre und Ansehen auf dem Spiel stehen. Der Schwerpunkt seiner Auswahl liegt im 19. Jahrhundert, da später vor allem beschreibende Bezeichnungen oder Abkürzungen – das Team hat mehr Bedeutung als die individuelle Verewigung – verwendet werden. Wer aber Eponyma vergibt, ist der Meister aller und das war unbestritten Jean-Martin Charcot, dessen Biografie sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Wir erfahren aber auch, worin die überragende Bedeutung dieser Ärzte lag: in der Kunst, genau zu beobachten und anschaulich zu beschreiben. So entstehen bei Draaisma Kurzbiografien, die sich der schriftstellerischen Kunst der darin beschriebenen Ärzte, jederzeit gewachsen zeigen.

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Die vierte Truppengattung

Jeremy Scahill
Blackwater
Kunstmann 2008

Abrüstung und Reduzierung des Militäretat reduzieren nicht automatisch die Kriegsgefahr. Das wissen inzwischen selbst die Pazifisten. Aber dass diese Entwicklung die Kriegsgefahr erhöhe oder zumindest die Gefahr für kriegerische Auseinandersetzungen, kann man in Scahills Buch über den bellizistischen Dienstleister Blackwater nachlesen. In die Nischen und Risse eines auseinanderfallenden Militärapparats setzte sich ab 1996 die von Erik Prince gegründete Firma Blackwater fest. In fünfzehn spannenden Kapiteln erzählt und erklärt uns Jeremy Scahill wie der Aufstieg dieser Privatarmee sich vollzog, welche Konjunkturen ihn beförderten und welche politischen Kräfte ihn nicht zu verhindern wussten. Im Militär unterscheidet man das Heer, die Marine und die Luftwaffe. In Amerika gibt es noch eine vierte Truppengattung und die heißt Blackwater.
Nachbemerkung: Im Frühjahr 2009 wurde Blackwater in Xe Services umbenannt.