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Näher kommen

Mariusz Szczygiel
Gottland,
Suhrkamp 2008

Von Hanna Krall und Ryszard Kapuscinski habe er alles gelernt, sagt der polnische Reporter Mariusz Szczygiel einmal. Seit 1989 schreibt er für die polnische „Gazeta Wyborcza“ große, preisgekrönte Reportagen. Szczygiel sagt über die Reportage: „Eine gute Reportage muss überraschen und darf nicht vorhersehbar sein. Sie muss viele Details aufweisen, die es dem Leser einerseits erlauben, dem Hauptprotagonisten sehr nah zu kommen“. Ein Satz, den man hierzulande fast als unseriös zurückweisen würde, denn fälschlicherweise identifiziert man dergleichen mit szenischem Erzählen, Kino irgendwie und dann gleich mit leichter Kost aus Amerika. Ein verbreiteter Dreisprung daneben, vor allem unter denjenigen, die die Sachen hochhalten und reinhalten wollen und dabei jedes Nähertreten und Näherkommen verhindern. Dann sagt Szczygiel noch: „Ein weiteres Merkmal einer guten Reportage ist, dass sie manchmal auch schmerzlich nachwirkt, wie ein guter Film oder Roman.“ So und nicht anders ist es bei all seinen Reportagen oder Erzählungen über das Leben im vorkommunistischen, kommunistischen und nachkommunistischen Tschechien. Reportagen über Lida Baarová, Goebbels Geliebter, dem Erbauer eines monströsen Stalin-Denkmals oder Karel Gott, dessen Museum „Gottland“ sich eine weitere Reportage widmet. Oder die Geschichte des Schusters Tomás Bata. Was für eine Schule des Erzählens durch bloßes Näherkommen oder schlichtes Einlassen.