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Kein Lettner für Europa


Paul Veyne
Als unsere Welt christlich wurde
C.H. Beck 2008

Die viel beschworenen christlichen Wurzeln Europas, in Europadebatten reichlich bemüht, nie jedoch ernsthaft ausgegraben, kann Paul Veyne nicht erkennen. Eher schon wurzelt das Christentum in den europäischen Institutionen. Denn religiöse Merkmale sind viel weniger bedeutsam zur Charakterisierung unserer modernen Zivilisation als zum Beispiel rechtspolitische. Ein ziemlich ernüchternder Befund für die, die die Zugänge nach Europa mit einem neuen Lettner abzuriegeln trachten. Mit einem einzigen Satz von Paul Veyne lässt sich diese Debatte fast aushebeln: Wir bewohnen alle ein altes Haus, aber die wenigsten von uns teilen die Überzeugungen und Verhaltensweisen der früheren Bewohner.

Paul Veyne spricht in seinem Buch nicht nur mit uns, was die wenigsten Gelehrten verstehen. Er macht mehr, er lässt uns selbst zu Wort kommen. Irgendwie immer so, als hätten wir gerade zuviel Karlheinz Deschner gelesen, der auch gerne entlarvend schreibt, der hinter die Kulissen späht und überall auf bloß machtpolitischen Zynismus stößt. Genauso lässt uns Paul Veyne zu Wort kommen. Statt Interessen aber deckt er Strukturen auf. Man könnte sagen, er holt uns ab. Während wir jedoch den Bus erwarteten, fährt Veyne mit uns U-Bahn.

Nachtrag vom 02.03.2009 zur einer Rezension von Als unsere Welt christlich wurde von Ute Eisinger:

Bei Sachbüchern ist es eine besonders seltene Erfahrung, dass man glaubt, man habe ganz verschiedene Bücher gelesen. Eine Rezensentin von literaturkritik.de schreibt: Besser ist es, zu Arnulf Zitelmanns „Geschichte der Christen“, einem Sachbuch für die Jugend, zu greifen. So ehrenvoll der Hinweis auf das „Sachbuch für die Jugend“ sein mag – scheint es doch ein Buch zu sein, welches die Rezensentin gelesen hat – ist diese Rezension doch selten wirr und holprig. Nachzulesen ist der Text von Ute Eisinger hier unter literaturkritik.de.