Eine „Befreiungsfibel für den Kopf“?

Andreas Buchholz/Wolfram Wördemann
Spielstrategien im Business. Die Regeln des Wettbewerbs verändern
Campus 2008

Eine „hochinfektiöse Idee“: das soll der Schlüssel dazu sein, nicht nur passiv am ökonomischen „Spiel“ teilzunehmen, sondern dessen Regeln selbst mitgestalten zu können, unabhängig von anderen Faktoren. Vorausgesetzt die Ökonomie lässt sich tatsächlich verlustfrei als Spiel beschreiben, eine Frage die wir hier beseite schieben, hängt der Wert der These und des Buches also von zwei Dingen ab: können die Autoren zeigen, dass eine „hochinfektiöse Idee“ allein ausreicht, die Regeln zu verändern und vor allem – können sie ihre Thesen auf eine anwendbare Formel bringen? Was die Autoren durch viele Beispiele glaubhaft machen können ist zweifellos, dass zündende Ideen für eine Änderung ökonomischer Rahmenbedingungen notwendig sind. Die These, dass sie damit auch hinreichend sind, wird von ihren Beispielen eher widerlegt als erhärtet. Zwar gab es unglaubliche Erfolge trotz miserabler Ausgangsbedingungen. Aber in allen Beispielen war die Idee darauf angewiesen, dass sie mit entsprechenden finanziellen und marketingtechnischen Mitteln oder Lobbying auch im großen Stil umgesetzt wurde.

Zur zweiten Frage. Jemandem ein Rezept dafür zu geben, wie man zu einer „hochinfektiösen Idee“ gelangt, dürfte so sinnvoll sein wie der schon sprichwörtliche Rat: „Sei spontan!“. Ein Modell, das um eine solche Idee entwickelt wird, hat also kaum eine Möglichkeit, Rezepte zu liefern. Die Autoren bemühen sich und stellen am Ende des Buches sogar „fünf Schritte zur Spielstrategie“ vor: 1. relevante Märkte definieren, 2. spielstrategische Marktund Wettbewerbsanalyse, 3. Strategie – die große Leitidee, 4. der Masterplan und 5. Lobbying. Man sieht, dass die Anwendungsregeln eine Mischung aus herkömmlichem Marketing und Vorwegnahme des Ergebnisses sind. Was man vermisst, sind Querverweise zu verwandten Theorien. Bei einem Thema wie „Spielstrategie“, das solche Topoi wie Kriegskunst, Kultur als Spiel und Spieltheorie tangiert, drängen sich entsprechende Bezugnahmen geradezu auf. Was dagegen auftaucht ist ein impliziter Verweis auf Huizinga und ein dreiseitiger Anhang zur Abgrenzung gegen die Spieltheorie, der neuere Entwicklungen wie die evolutionäre Spieltheorie ignoriert, die durchaus zu einer theoretischen Fundierung der „Spielstrategie“ hätten beitragen können.

Dieses Buch hilft zwar nicht unbedingt bei der Suche nach einer zündenden Idee, ist aber insofern eine „Befreiungsfibel für den Kopf“, als es durch eine Vielzahl an Beispielen den Eindruck verstärkt, dass man die Dinge eventuell auch ganz anders angehen könnte. Kurz: das Buch kann dabei helfen zu zeigen, dass es möglicherweise etwas zu „befreien“ gibt. Sich „befreien“ muss aber jeder selbst.