Am Leitfaden der großen Krisen

Alan Greenspan
Mein Leben für die Wirtschaft
Campus 2007

Um etwas über Amerika und die Amerikaner zu erfahren, muss man, so die gängige Auffassung, zu den großen Erzählern wie Paul Auster, John Updike und Richard Ford greifen. Denn im Roman wird ja die Wirklichkeit so verdichtet dargestellt, wie das kein Sachbuch je schaffen könnte.
Ich beharre hier trotzdem auf Alan Greenspans „Mein Leben für die Wirtschaft“. Alan Greenspan erzählt in seinem Buch nichts weniger als die Geschichte der amerikanischen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der letzten dreissig Jahre. Vom 11. August 1987 bis zum 31. Januar 2006 war er Vorsitzender des United States Federal Reserve Board, der amerikanischen Notenbank. Das Buch erzählt die wirtschaftliche Entwicklung der Welt am Leitfaden der großen Krisen: vom Börsencrash von 1987, der Hedgefondskrise von 1998, dem Ende der New Economy und die Krise in der Folge des 11.09.2001. Es ist also gar keine Biografie? Zum Glück nicht! Denn was hätte uns Alan Greenspan, der kaum einen Urlaub nicht aufgrund dienstlicher Verpflichtungen abbrach, dann schon zu erzählen. Statt dessen enthält dieses Buch zahlreiche Ausflüge in die historische Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften und die wirtschaftliche Entwicklung aller bedeutender Nationen der Welt.
Von der sich ankündigenden Immobilienkrise, von der Greenspan behauptet, dass man sie nicht hat vorhersehen können, und die nun sein Nachfolger Bernanke meistern muss, erfährt man auch schon.
Seltsam immerhin, dass Richard Ford in seinem neuen Roman „Zur Lage der Nation“ jemanden zum Helden hat, der, wie Ford in einem Interview meinte, die amerikanische Gesellschaft besonders gut kennt und verkörpert: Frank Bascombe, einen Immobilienmakler!