Papier und Bleistift
Volker R. Remmert, Ute Schneider
Eine Disziplin und ihre Verleger
Disziplinenkultur und Publikationswesen der Mathematik in Deutschland
1871-1949 (= Mainzer Historische Kulturwissenschaften Bd. 4)
transcript 2010
In seiner 1939 erschienenen populären Darstellung Geist der Mathematik schrieb Max Bense: „Insofern die Mathematik gegenwärtig ihr höchstes Niveau erreicht, ist es notwendig, daß sie ein Beitrag der Bildung wird. Wenn auch vielleicht nicht ihre Erkenntnisse populär werden, so doch der Geist dieser Erkenntnisse, der ein Geist der kühnen Tiefe, der kühlen Klarheit und der verborgenen Gedankenleidenschaft ist.“
In diesen Sätzen, mit denen Max Bense sein Schreiben über die Mathematik rechtfertigt, lassen sich gut auf die Fragestellungen von Volker Remmert und Ute Schneider anwenden: Warum Mathematik verlegen? Wie wurde die Entwicklung der Disziplin Mathematik durch das Publikationswesen beeinflusst?
Mit Bense sieht man schon, wie sich hier die Mathematik durch pathetische Formeln von der ‚kühnen Tiefe und kühlen Klarheit‘ der sozialen Einbindung zu entziehen weiß. Papier und Bleistift, mehr braucht es danach nicht. Dagegen zeigen Remmert und Schneider wie beispielsweise die „Antimathematik“ vor 1900, die Wirtschaftskrise nach 1918 und der Nationalsozialismus ihre Spuren in der Entwicklung dieser Disziplin hinterlassen haben.