Literaturbetriebsforschung

Das große Versprechen der Geisteswissenschaften lautete einmal mutabor, ich werde verwandelt werden. Dieser fromme Glaube an die Macht der Verwandlung durch die Bücher scheint allerdings langsam verloren zu gehen.

Daneben wird der banale Kostendruck auf die Nebenbetriebsstellen der Wissensgesellschaft in letzter Zeit besonders plausibel. So sind es sogar die Studenten der Geisteswissenschaften selbst, die verstärkt nach objektiven Verwertungsmöglichkeiten ihres akkumulierten Wissens fragen. Eine bloß subjektive Verwertung eines geisteswissenschaftlichen Studiums, an deren Ende die Verwandlung stehen sollte, scheint den Studenten selbst kein nachvollziehbares oder glaubwürdiges Ziel mehr.

Im Sommersemester 2009 wird unter der Ägide von Prof. Burkhardt Krause am Studienzentrum Kulturarbeit (SZK) der Universität Karlsruhe (TH) das Seminar Einführung in den Literaturbetrieb statt finden. Gegenstand einer Literaturbetriebsforschung sind die Darstellungs- und Verwertungsplattformen der Literatur, zu denen Buchhandels-, Verlagswesen, Literaturvereine, literarische Agenturen und die Literaturkritik zählen. Sie alle versuchen dem ästhetischen und kulturellen Anspruch ihres Gegenstandes gerecht zu werden und ihn zugleich zu verwerten.

Denn Bücher sind zunächst – manchmal sogar bevor sie geschrieben werden – Gegenstände der Kalkulation, der Distribution und Zirkulation. Eine lange aber deshalb noch nicht sättigende Nahrungskette der Literatur, deren Zwischenglieder weder den Produktionsprozess noch den Leseprozess unbeeinflusst lassen. Dass man sich dieser Einflüsse nicht bewusst werden mag, ist hinzunehmen, die es trotzdem mögen, haben dazu nun innerhalb der Literaturbetriebsforschung Gelegenheit. Dazu sind Kenntnisse der konkreten Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Branchen unabdingbar.

Vielleicht wird den Studenten nach dem Abschreiten der literarischen Verwertungskette, wie im Märchen von Hauff, das heute vergessen scheinende mutabor wieder einfallen und wirken.

Das Studienzentrum Kulturarbeit (SZK) der Universität Karlsruhe (TH) hat ein Portal eingerichtet, auf dem die ersten Module einer Literturbetriebsforschung von Michael Buchmann entwickelt und vorgestellt werden.