Rainer Maria Rilke. Eine Leseabend mit Michael Schikowski

Lesung zum Rilke-Jahr 2025

Rilkes Gedichte sind vielen ein Leben lang geläufig. Sie wirken bis heute. Die Intensität seiner Prosa strebte die vollkommene Erfassung des Gegenstands an. Der Weg dorthin führte Rilke über das handwerkliche Können, das jede Äußerung, gerade auch die Briefe, einschloss.  Im Brief an einen jungen Dichter nennt er sein Programm: Wie ein erster Mensch zu sagen, was wir sehen und erleben und lieben.

Die Nähe zum Journalismus, zu dem er alle Gaben besaß, fürchtete er. In ihm hätte er ein Auskommen gehabt. (hier zur Lesung des offenen Briefs an Maximilian Harden). Rilke entschied sich für ein prekäres Dasein und wurde vielfach ein Protegé der Reichen. Als Besucher von Tolstoi wurde er diesem lästig, als Sekretär Rodins produktiv. Auch in Worpswede hielt er sich auf, heiratete die Bildhauerin Clare Westhoff, und trennte sich bald darauf.

Neben einigen Gedichten werden vor allem die Prosawerke Rilkes wie die Geschichten vom lieben Gott, der Brief an einen jungen Dichter und die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge im Mittelpunkt dieses Abends stehen.

Mülheimer Literaturclub
Köln-Mülheim, Holsteinstr. 1
Sonntag, 5. Januar 2025
Beginn 18 Uhr

 

Aus: Briefe an einen jungen Dichter von Rainer Maria Rilke:

 

 

 

 

// Immer schön sachlich

// Sachbuchforschung

Sachbuchgeschichte Literaturverzeichnis Russland

Russland (Primärliteratur nach Erscheinen)

Egon Erwin Kisch: Zaren, Popen, Bolschewiken. Berlin 1927.

Franz Carl Weiskopf: Umsteigen ins 21. Jahrhundert. Episoden von einer Reise in die Sowjetunion. Berlin 1927.

Otto Heller: Sibirien, ein anderes Amerika. Berlin 1930.

Frida Rubiner: Der große Strom. Eine unromantische Wolgafahrt. Wien und Berlin 1930.

Ernst Glaeser und Franz Carl Weiskopf: Der Staat ohne Arbeitslose. Drei Jahre ‚Fünfjahresplan‘. Berlin 1931.

Berta Lask: Kollektivgut und Sowjetgut. Ein Reisetagebuch. Berlin 1931.

Essad Bey: Das weiße Russland. Menschen ohne Heimat. Leipzig 1932.

René Fülöp-Miller: Der Geist des Bolschewismus.

René Fülöp-Miller: Lenin und Gandhi. 1927.

René Fülöp-Miller: Der heilige Teufel. Rasputin und die Frauen. Tatsachenroman. 1927.

Otto Heller: Wladi Wostol! Der Kampf um den fernen Osten. Berlin 1932.

Ludwig Renn: Rußlandfahrten. Berlin 1932.

Essad Bey: Russland am Scheideweg. Berlin 1933.

Jens Mühling: Mein russisches Abenteuer. Dumont: Köln 2012

Russland (Sekundärliteratur)

Rolf Butang: Eine biographische Skizze. In: René Fülöp-Miller: Katzenmusik. Hrsg. mit einem biographischen Nachwort von Rolf Butang. Weidle: Bonn 1998.

Andy Hahnemann: Texturen des Globalen. Geopolitik und populäre Literatur in der Zwischenkriegszeit 1918-1939. Diss. Universitätsverlag Winter: Heidelberg 2010.

Tom Reiss: Der Orientalist. Auf den Spuren von Essad Bey. Osburg Verlag: Berlin 2008.

Erhard Schütz: Kritik der literarischen Reportage. Wilhem Fink: München 1977. (Buchausgabe der Diss. Konstruktion der Wirklichkeit oder Faktenevidenz)

// Sachbuchforschung

Literaturverzeichnis Sachbuchgeschichte Amerika

Amerika (nach Erscheinen):

Karl Lamprecht: Americana. Reiseeindrücke, Betrachtungen, geschichtliche Gesamtansicht. Hermann Heyfelder: 1906.

Arthur Holitscher: Amerika heute und morgen. S. Fischer: 1912.

Erwin Rosen: Amerikaner. Dürr & Weber: Leipzig 1920. (= Zellenbücherei Bd. 8)

Friedrich Dessauer: Auslandsrätsel. Nordamerikanische und spanische Reisebriefe. München 1922.

Arthur Holitscher (Hrsg.): Amerika. Leben, Arbeit und Dichtung. Berlin 1923. (= Jugendbücher der neuen Gesellschaft 2)

Ludwig Lewisohn: Gegen den Strom. Eine amerikanische Chronik. Frankfurt 1924.

Bernhard Goldschmidt: Von New York bis Frisco. Ein deutsches Reisetagebuch. Berlin 1925.

Carl Hollweg: Columbusfahrt. Politische, wirtschaftliche und soziale Entdeckerbetrachtungen auf einer Amerikareise. Berlin 1925.

Alfred Kerr: Yankee-Land. Eine Reise. Berlin 1925.

Franz Westermann: Amerika, wie ich es sah. Reiseskizzen eines Ingenieurs. Halberstadt 1925.

Anton Erkelenz: Amerka von heute. Briefe von einer Reise. Berlin o. J. [1926]

Egon Erwin Kisch: (beehrt sich darzubieten) Paradies Amerika. Berlin 1930.

René Fülöp-Miller: Die Phantasiemaschine. Eine Saga der Gewinnsucht. 1931.

Heinrich Hauser: Feldwege nach Chicago. Berlin 1931.

E. Ahlswede: In Gottes eigenem Land. Ein Blick ins „Dollar-Paradies“. Nach eigenen Erlebnissen erzählt. Franz Eher: Berlin 1942.

Margret Boveri: Amerika-Fibel für erwachsene Deutsche. Ein Versuch Unverstandenes zu erklären. Minerva: Berlin 1946. (Neu erschienen mit einer Rezension von Theodor Heuss und Einleitung von Heike B. Görtemaker. Landt: Berlin 2006.)

Friedrich Schönemann: Kleine Amerikakunde. Athenäum: Bonn 1950.

Karlheinz Deschner: Der Moloch. „Sprecht sanft und tragt immer einen Knüppel bei euch!“. Zur Amerikanisierung der Welt. Wilhelm Heyne: München 1992. (Neu unter dem Titel: Der Moloch. Eine kritische Geschichte der USA. 1994)

Katja Kullmann: Rasende Ruinen. Wie Detroit sich neu erfindet. Suhrkamp: Berlin 2012.

Sekundärliteratur:

Christian Adam: Dr. med. Ahlswede: Geisterschreiber im Dollar-Paradies. In: ders. Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich. Galiani: Berlin 2010. S. 123 – 126.

Peter Berg: Deutschland und Amerika 1918-1929. Über das deutsche Amerikabild der zwanziger Jahre. 1963.

Christian Freitag: Die Entwicklung der Amerikastudien in Berlin bis 1945 unter Berücksichtigung der Amerikaarbeit staatlicher und privater Organisationen. Diss. Berlin 1977.

Philipp Gassert: Amerika im Dritten Reich. Ideologie, Propaganda und Volksmeinung 1933 – 1945. Steiner: Stuttgart 1997. (= Transatlantische historische Studien. Bd. 7)

Erhard Schütz: Kritik der literarischen Reportage. Wilhem Fink: München 1977. (Buchausgabe der Diss. Konstruktion der Wirklichkeit oder Faktenevidenz)

Matthias Uecker: Beschreiben oder Zeigen? Heinrich Hausers Amerka-Reise als Buch und Film. In: Non Fiktion. Arsenal der anderen Gattungen. Hrsg. von David Oels, Stephan Porombka, Erhard Schütz. Sachen und Sachlichkeit – die 1920/30er Jahre. 2. Jahrgang 2007, Heft 1. S. 7-19.

Außerdem:

Upton Sinclair: Der Sumpf. Sponholtz: 1906. (Neu unter dem Titel Der Dschungel. Malik: 1924)

Upton Sinclair: Ist der Sumpf wahr. Sponholtz: 1906.

// Bücher

Das Führerprinzip und die Laisierung der natürlichen Experten

Miriam Gebhardt
Die Angst vor dem kindlichen Tyrannen
Eine Geschichte der Erziehung im 20. Jahrhundert
DVA 2009

Wenngleich der globale Untertitel dem Buch nicht gerecht wird, ist es doch ein herrliches Gegengift. Wodurch? Durch die Geschichte. Wenn die Geschichte der Erziehung als die Geschichte der Kinder als Tyrannen erzählt wird, dann ist die relativierende Wirkung auf feste Überzeugungen enorm, denn Geschichte impliziert Veränderung. Als kulturelle Konstruktion kann aber eine Wesensbestimmung des Kindes als kleiner Tyrann nicht aufrecht erhalten werden. Wer das Erfolgsbuch von Michael Winterhoff getitelt hat, kennt vielleicht auch diese alte Konstruktion und ihre Bedeutung für die Geschichte der Erziehung in Deutschland. Was Winterhoff dann jedoch schreibt und zwar über die Erziehungskompetenz der Eltern, verschwindet hinter diesem Bild vom Kind als ugly doll fast vollständig.

Ratgeber leben immer schon auch ein wenig vom Defizit beim Leser, vom Defizit an Geschichte einerseits und an Informationen andererseits. Wenn das nicht reicht, werden die Defizite von den Experten eben massiv herbeigeredet. Nachzulesen in Johanna Haarers Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind von 1934, einem Buch wie ein Polizeigriff. Nicht nur wird der intutive Zugang der Eltern zum Kind durch die Behauptung der prinzipiellen Hilflosigkeit der Eltern geleugnet. Auch die Erfahrungen der
Großeltern werden von den Expertinnen wie Hildegard Hetzter und Johanna Haarer zur Gefahr für die Erziehung des Kindes erklärt. Diese damaligen Großeltern sind allerdings weitaus weniger Opfer der schwarzen Pädagogik, als angenommen. Woher Miriam Gebhardt das weiß? Sie zieht in großem Umfang Tagebücher heran, die Eltern für und über ihre Kinder geschrieben haben. Auch dies eine neue und erfolgreiche Version der oral history oder die Installierung von Kempowskis Echolot im Kinderzimmer. Zur Paradoxie des Tyrannen in Windeln, den es um jeden Preis zu verhindern galt, und dem an der Wand im Wohnzimmer und Amtsstuben, der sich bis in die Kinder-Tagebücher verfolgen lässt, findet man bei Miriam Gebhardt allerdings nichts.

Bis in einzele Äußerungen lässt Miriam Gebhardt erkennen, wie sehr die Expertenempfehlung, sich zum Kind in aseptischer Distanz zu halten, sich vor die unmittelbare Wahrnehmung der Eltern schiebt und der erste Impuls, das Kind aufzunehmen, unterdrückt wird. Dabei bleibt sie aber nicht stehen, sondern konstatiert eine komplexe Entwicklung: „Wenn heute konservative Warner die angebliche ‚Erziehungskatastrophe‘ den ’68ern‘ und/oder der sich aufwerfenden Ratgeberflut anlasten wollen, irren sie. Die Orientierung an der Expertise ist ein historisch gewachsenes Phänomen seit dem 19. Jahrhundert (…). Seither verbinden die informierten Schichten mit der expertengeleiteten Lebensführung den Anspruch, ‚richtig‘ zu handeln, setzen sich von anderen Gesellschaftsschichten ab und bevormunden sie auf der Grundlage ihres aktuellen Wissens.“

Wenn Michael Winterhoff es zulässt, dass man seine Symbiosethese der Eltern-Kind-Beziehung auf die alte Tyrannenthese reduziert und er also als Wiedergänger von Jirina Prekops Der kleine Tyrann von 1988 erscheint, kann man dies nur auf seine Unkenntnis der historisch fundierten Plausibilitätskriterien seiner Leser zurück führen. Mit Prekop ging man damals schon wieder in den pädagogischen Schützengraben. Und Winterhoff lässt sich vom Verlag den Patronengürtel umschnallen. Und was machen die informierten Schichten? Sie kaufen, laden nach und bevormunden.


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