Rainer Maria Rilke. Eine Leseabend mit Michael Schikowski

Lesung zum Rilke-Jahr 2025

Rilkes Gedichte sind vielen ein Leben lang geläufig. Sie wirken bis heute. Die Intensität seiner Prosa strebte die vollkommene Erfassung des Gegenstands an. Der Weg dorthin führte Rilke über das handwerkliche Können, das jede Äußerung, gerade auch die Briefe, einschloss.  Im Brief an einen jungen Dichter nennt er sein Programm: Wie ein erster Mensch zu sagen, was wir sehen und erleben und lieben.

Die Nähe zum Journalismus, zu dem er alle Gaben besaß, fürchtete er. In ihm hätte er ein Auskommen gehabt. (hier zur Lesung des offenen Briefs an Maximilian Harden). Rilke entschied sich für ein prekäres Dasein und wurde vielfach ein Protegé der Reichen. Als Besucher von Tolstoi wurde er diesem lästig, als Sekretär Rodins produktiv. Auch in Worpswede hielt er sich auf, heiratete die Bildhauerin Clare Westhoff, und trennte sich bald darauf.

Neben einigen Gedichten werden vor allem die Prosawerke Rilkes wie die Geschichten vom lieben Gott, der Brief an einen jungen Dichter und die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge im Mittelpunkt dieses Abends stehen.

Mülheimer Literaturclub
Köln-Mülheim, Holsteinstr. 1
Sonntag, 5. Januar 2025
Beginn 18 Uhr

 

Aus: Briefe an einen jungen Dichter von Rainer Maria Rilke:

 

 

 

 

// Immer schön sachlich

// Allgemein

J. R. R. Tolkiens Welt und Weisheit

Professor Dr. Arnulf Krause im Gespräch über Tolkiens „Herr der Ringe“
Moderation: Michael Schikowski

 


J. R. R. Tolkien ist der Autor des grandiosen Romans „Herr der Ringe“. In ihm wird dem jungen Hobbit Frodo ein Ring mit zerstörerischer Kraft anvertraut. Zusammen mit seinen Freunden macht sich Frodo auf eine abenteuerliche Reise, die bedrohte Welt von Mittelerde zu retten.

J. R. R. Tolkien ersann allerdings mehr als diese Geschichte der Welt der Hobbits. Er erzählt uns zugleich die Geschichte einer Zivilisation. Denn er war auch ein bedeutender Erforscher der mittelalterlichen Kultur. Dass ihm von dort zahlreiche Anregungen zuströmten, ist bekannt. Welche aber waren das? Was sind die Ursprünge dieses Romans? Wie entwickelte er diese Motive weiter?

Arnulf Krause ist Mediävist und einer der vielen Bewunderer des Werks von J. R. R. Tolkien. Er kennt sich aus im Europa der Kelten, Germanen, Wikinger und Franken. In der Fachwelt hochgelobt sind seine Übertragungen der altnordischen Eddas ins Deutsche. Die großen Mythen, Geschichten und Erzählungen, von denen sich auch viele Spuren im „Herr der Ringe“ finden, stehen im Mittelpunkt des Abends. Von ihnen her lassen sich J. R. R. Tolkiens Welt und Weisheit verstehen.

Prof. Dr. Arnulf Krause ist Germanist und Skandinavist und Experte für germanische Heldensagen und die Edda. Er lehrt als Honorarprofessor am Institut für Germanistik vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität Bonn und Köln. Er ist Autor zahlreicher erfolgreicher Sachbücher.

Die Bücher von Arnulf Krause:
Arnulf Krause: Von Göttern und Helden, Theiss
Arnulf Krause, Europa im Mittelalter, Campus
Arnulf Krause, Geschichte der Germanen, Campus
Arnulf Krause, Die Welt der Kelten, Campus
Arnulf Krause, Die Welt der Wikinger, Campus

Übersetzungen von Prof. Arnulf Krause:
Die Edda des Snorri Sturluson, Reclam
Die Götterlieder der Älteren Edda, Reclam
Die Heldenlieder der Älteren Edda, Reclam

Neuerscheinungen von Prof. Arnulf Krause:
Die Mythen des Nordens. Von der Vorzeit bis zu den Kelten und Germanen, Theiss (2010)
Reclams Lexikon der Germanischen Mythologie und Heldensage (2010)

Hier zur Tolkien-Website des Klett-Cotta Verlags.

// Bücher

Bewegung und Beharren

Peter Hessler
Über Land. Begegnungen im neuen China
Berlin Verlag 2009

Ich weiß nicht, ob es im Lexikon der populären Irrtümer steht, aber die Chinesische Mauer ist nicht vom Mond aus zu sehen. Aber von Frankfurter Messe 2009 aus, da war sie zu sehen und mit ihr zusammen der Mummenschanz, der eher einer Tourismusmesse angestanden hätte, als einer Buchmesse.

Solche Reportagen aber wie Peter Hessler sie hier geschrieben hat, sind eigentlich, wenn es das gäbe, Langzeitreportagen. Ein Widerspruch in sich, wollen Reporter doch eher schnell fertig werden. Hessler ist Peking-Korrespondent des New Yorker und er hat den langen Atem für eine große Erzählung gereifter Erfahrungen. Ein großes Lesevergnügen.

Im ersten Teil seines Buchs folgt er dem Verlauf der Mauer. Im Mittelpunkt des zweiten Teils steht ein Dorf, in das er jahrelang pendelt. Auf die Reise folgt der Stillstand. Auf die Beobachtung eines Landes in Bewegung – und zwar mit dem Auto – die Beobachtung des Beharrens, der Tradition. Im dritten Teil schildert er den Aufbau einer Fabrik, in der sich die beiden ersten Teile, der Widerspruch von Bewegung und Beharren, spiegelt. Was produziert diese Fabrik? Etwas sehr Eigentümliches. Sie produziert nichts als Ringe. Und zwar speziell die Ringe, mit deren Hilfe die Träger eines BH verstellt werden können.

// Bücher

Anderssein als Stil


Kerstin Decker
Mein Herz – Niemandem. Das Leben der Else Lasker-Schüler
Propyläen 2009

Kerstin Decker ist eine erfahrene Biografin. Was ihr aber mit diesem Buch gelungen ist, geht über das was man Biografie zu nennen gewohnt ist weit hinaus. Alle stilistischen Merkmale dieses Buches, die Zeitform, die kurzen Sätze, die insgesamt wie gesprochen wirkende Erzählung, alles dies ist bewusst gewählt. Zugleich reflektiert Kerstin Decker wie sie im Unterschied zur gängigen biografischen Form bei Else Lasker-Schüler von deren Formeln und Konventionen abweichen muss: „Wenn Kindheitskapitel in Büchern enden, dann wissen Leser und Autor: Hier ist etwas abgeschlossen, die Vorgeschichte eines Menschen. Von jetzt an übernimmt er sich selbst oder, weniger euphorisch gesagt, das Leben übernimmt ihn. Hier ist das anders.“ Das Anderssein der Lasker-Schüler so geschmeidig, so bewusst, so unterhaltsam und souverän in die Struktur und den Stil ihrer Biografie umzuwandeln, macht dieses Buch so bedeutend und den Lesern nichts weniger pure Freude.

Nachbemerkung: In der FAZ vom 4.3.10 schreibt Beate Tröger in ihrer Rezension über Kerstin Deckers Buch: „Anstelle einer sachlichen Lebensbeschreibung (…) versucht sich Kerstin Decker an einer identifikatorischen, undistanzierten Romanbiographie, die einer verwässerten philosophischen Terminologie Vorrang gegenüber der literaturwissenschaftlichen gibt.“ Kerstin Decker wusste wohl nicht, dass der sachlich-literaturwissenschaftliche Zugang zwingend vorgeschrieben ist.