Rainer Maria Rilke. Eine Leseabend mit Michael Schikowski

Lesung zum Rilke-Jahr 2025

Rilkes Gedichte sind vielen ein Leben lang geläufig. Sie wirken bis heute. Die Intensität seiner Prosa strebte die vollkommene Erfassung des Gegenstands an. Der Weg dorthin führte Rilke über das handwerkliche Können, das jede Äußerung, gerade auch die Briefe, einschloss.  Im Brief an einen jungen Dichter nennt er sein Programm: Wie ein erster Mensch zu sagen, was wir sehen und erleben und lieben.

Die Nähe zum Journalismus, zu dem er alle Gaben besaß, fürchtete er. In ihm hätte er ein Auskommen gehabt. (hier zur Lesung des offenen Briefs an Maximilian Harden). Rilke entschied sich für ein prekäres Dasein und wurde vielfach ein Protegé der Reichen. Als Besucher von Tolstoi wurde er diesem lästig, als Sekretär Rodins produktiv. Auch in Worpswede hielt er sich auf, heiratete die Bildhauerin Clare Westhoff, und trennte sich bald darauf.

Neben einigen Gedichten werden vor allem die Prosawerke Rilkes wie die Geschichten vom lieben Gott, der Brief an einen jungen Dichter und die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge im Mittelpunkt dieses Abends stehen.

Mülheimer Literaturclub
Köln-Mülheim, Holsteinstr. 1
Sonntag, 5. Januar 2025
Beginn 18 Uhr

 

Aus: Briefe an einen jungen Dichter von Rainer Maria Rilke:

 

 

 

 

// Immer schön sachlich

// Sachbuchforschung

Literaturverzeichnis Sachbuchgeschichte Frankreich

Johann Christoph Nemeitz: Séjour de Paris. Oder Getreue Anleitung, Welchergestalt Reisende von Condition sich zu verhalten haben, wenn sie ihre Zeit und Geld nützlich und wohl zu Paris anwenden wollen, Nebst einer zulänglichen Nachricht von dem Königl. Französischen Hof, Parlement, Universität, Academien, Bibliothequen, Gelehrten, Künstlern, etc. entworfen von J.C.N. Strasburg 1750. Zuerst: 1717 erschienen.

Johann Michael von Loen: Der französische Hof nebst dem Caracter der Franzosen. 1751 erschienen.

Johann Gottfried Herder: Journal meiner Reise im Jahr 1769. 1878 erschienen.

Johann Kaspar Riesbeck: Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland. 1783 erschienen.

Sophie von La Roche: Journal einer Reise durch Frankreich. 1787 erschienen.

Johann Heinrich Campe: Briefe aus Paris zur Zeit der Revolution. 1790 erschienen.

Johann Joseph Görres: Resultate meiner Sendung nach Paris. 1800 erschienen.

Ernst Moritz Arndt: Ueber Volkshaß und über den Gebrauch einer fremden Sprache. 1813 erschienen. Wieder: ders. Schriften für und an seine geliebten Deutschen. 1845 erschienen.

Ludwig Börne: Schilderungen aus Paris. 1822 – 1824 publiziert.

Karl Gutzkow: Briefe aus Paris. 2 Bde. Brockhaus, Leipzig 1842.

Heinrich Heine: Lutezia. 1840-1843 publiziert. 1854 als Buch erschienen.

Max Nordau: Paris. Studien und Bilder aus dem wahren Milliardenlande. 2. Bde. Leipzig 1881.

Fritz von Unruh: Flügel der Nike. Buch einer Reise. 1925.

Friedrich Sieburg: Gott in Frankreich? Ein Versuch. 1927.

Siegried Kracauer: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit. Eine Gesellschaftsbiographie. 1937.

Dolf Sternberger: Panorama oder Ansichten vom 19. Jahrhundert. 1938.

Walter Benjamin: Das Passagen-Werk. Fragment. Entstanden 1927-1940. Suhrkamp, Frankfurt 1982.

Peter Scholl-Latour: Leben mit Frankreich. 1988.

Ulrich Wickert: Frankreich: die wunderbare Illusion. Hoffmann & Campe, Hamburg 1989.

Karlheinz Stierle: Der Mythos von Paris. Zeichen und Bewußtsein der Stadt. München 1993.

Karl Heinz Götze: Französische Affairen. Ansichten von Frankreich. S. Fischer, Frankfurt 1994.

Thankmar von Münchhausen: Paris. Geschichte einer Stadt. Von 1800 bis heute. München 2007.

Karl Heinz Götze: Süßes Frankreich? Mythen des französischen Alltags. S. Fischer, Frankfurt 2010.

Sekundärliteratur:

Walter Benjamin: Friedensware. Rez. Literarische Welt. 2. Jahrgang 1926. Nr. 21/22, S. 9-10. Wieder in: Hans Mayer (Hrsg.): Deutsche Literaturkritik. Vom Kaiserreich bis zum Ende der Weimarer Republik. S. Fischer: Frankfurt 1978. S. 405 – 412. (Rezension von Fritz von Unruh, Flügel der Nike)

Ruth Florack: Tiefsinnige Deutsche, frivole Franzosen. Nationale Stereotype in deutscher und französischer Literatur. Stuttgart, Weimar: Metzler 2001.

Sieglinde Geisel: Irrfahrten und Weltenbummler. Wie das Reisen uns verändert. Berlin 2008.

Esther Marian: Individuum und Gesellschaft in Siegfried Kracauers Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit. In: Wilhelm Hemecker (Hrsg.): Die Biographie – Beiträge zu ihrer Geschichte. Walter de Gruyter: Berlin 2009. S. 205 – 250.

Karl Riha: Die Beschreibung der „Großen Stadt“. Zur Entstehung des Großstadtmotivs in der deutschen Literatur (ca. 1750 – ca. 1850). Diss. Frankfurter Beiträge zur Germanistik. Bd. 11. Frankfurt 1969.

Rainer Sprengel: Kritik der Geopolitik. Ein deutscher Diskurs 1914-1944. Berlin 1996.

Andere:

Lucien Febvre: Der Rhein und seine Geschichte. Frankfurt 2006. (zuerst: 1931 unter dem Titel: Le Rhin. Problèmes d’histoires et d’économie)

// Bücher

Satelliten zurück in der Atmosphäre

Stephan Porombka, Erhard Schütz (Hrsg.)
55 Klassiker des Kulturjournalismus

Siebenhaar Verlag, Berlin 2008

In der Werbung für Sprudelwasser sieht man nie wie das Wasser irgendwo in der Tiefe abgezapft und mittels moderner Technik verarbeitet wird. Statt dessen ist immer von uralten Quellen die Rede und dass mit diesem Wasser die ganze Weisheit und Kraft der Jahrtausende alten Erde in der Flasche auf den Tisch kommt. Nicht anders verhält es sich in der Sachbuchforschung. Zu Recht übrigens. Wer was auf sich hält, malt sich einen Stammbaum. Wer eine Gattungsgeschichte zu verfassen gedenkt, wird sie nicht im Vorgestern beginnen lassen, sondern versucht möglichst tief aus dem Brunnen der Vergangenheit zu schöpfen.

Genauso Stephan Porombka und Erhard Schütz, die die 55 Klassiker des Kulturjournalismus herausgeben und im Barock mit Georg Philipp Harsdörffer beginnen. Im Titel fehlt der Hinweis darauf, dass hier ausschließlich deutschsprachige Klassiker vorgestellt werden. Gegenüber dem Feuilleton, dem ein bestimmter Publikationsort zugewiesen werden kann, so wie dem Sachbuch eine bestimmte Publikationsform, fehlt dies alles im Begriff des Kulturjounalismus. Allein schon der Begriff wirkt bei näherer Betrachtung in sich widersprüchlich. Ein Journalist ist mal mit einem Fußballspiel, dann mit einem Parteitag und dann mit dem flashmob auf der Domplatte befasst. Nun, und manchmal zieht er über die Kollegen her. Vielleicht ist das ja dann Kulturjournalismus?

Die Herausgeber bekennen auch gleich: „Wer nach einer bereits erzählten und geordneten Geschichte des Kulturjournalismus sucht, wird nichts finden. Folgerichtig gibt es auch keinen offiziellen Kanon kulturjounalistischer Texte. Es gibt keine offizielle Poetik und kein offizielles Programm. Es gibt auch keine Tradition der Bildung von Gruppen oder Schulen, die Manifeste produzieren und sich auf einem – wie auch immer zugeschnittenen kulturjournalistischen Feld – gegen andere Gruppen oder Schulen positionieren.“ » weiter lesen

// Sachbuchforschung

Wie schreiben? Zwischen creative writing und Literaturwissenschaft

Sol Steins Klassiker des creative writing ist erstmals in einer Taschenbuchausgabe bei Zweitausendeins zu haben. Er führt den stolzen Titel „Über das Schreiben“ und vertritt diesen Anspruch konsequent. Zu Recht?

Die implizite Poetologie

Diesen Text Sol Steins versteht man tatsächlich nur dann zu würdigen, wenn man ihn auf seinen poetologischen Rahmen bezieht. Der Autor selbst legt dies wohlweislich nicht nahe, denn sonst könnte er nicht den Anschein erwecken, ein Buch über „das“ Schreiben, sondern womöglich „nur“ ein Buch über das Schreiben von Unterhaltungsliteratur verfasst zu haben.

Seine Vorstellungen eines gelungenen Textes gründen zunächst auf zwei poetologischen Dogmen: ein Text muss Spannung wecken und den Spannungsbogen konstant hoch halten und er muss eine möglichst weitgehende Identifikation mit der „Hauptfigur“ hervorrufen. Den Autoren erteilt er folgenden Rat: „Wenn Ihr Protagonist nicht mit aller Kraft nach einem Ziel strebt, fällt es den Lesern schwer, ihm von ganzen [!] Herzen zu wünschen, daß er es erreicht; aber genau das ist es, was die Leser antreibt, die Lektüre fortzusetzen. Je stärker die Sehnsucht, um so größer das Interesse des Lesers.“

Sowohl Spannung als auch Identifikation sind gerade Kriterien für erfolgreiche Unterhaltungsliteratur. Insofern drückt sich für Stein folgerichtig die Güte eines Textes in dessen Rang auf den Bestsellerlisten aus. Sein Bewundern über von ihm selbst lektorierte Texte bringt er so zum Ausdruck: „Einem Autor, dessen Werk ich lektoriert habe, gelang es, eine Figur durch ihren Gang so überzeugend zu charakterisieren, daß sie ohne Umschweife in die Bestsellerlisten marschierte.“

Dies ist – um allen möglichen Missverständnissen vorzubeugen – keineswegs ehrenrührig. Dies wird es allerdings in dem Moment, in dem er selbst versucht Prestige für seine eigenen und die von ihm lektorierten Texte daraus zu ziehen, dass er sich verdächtig demonstrativ gegen die sogenannte „Trivialliteratur“ abgrenzt. Wenn Sol Stein beispielsweise davon spricht, dass die Figuren der „Trivialliteratur“ „flach und klischeehaft gezeichnet“ seien, misst er sie dabei an seiner oben dargestellten impliziten Poetologie einer unreflektierten und rein affirmativen Identifikation der Rezipienten mit den Protagonisten. Und es ist doch gerade diese unhinterfragte und ungebrochene Identifikation, von der Sol Stein selbst ausgeht, die ein konstitutives Merkmal der „Trivialliteratur“ bildet.

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