Franz Kafka. Ein Leseabend mit Michael Schikowski

Lesung zum Kafka-Jahr 2024

 

 

Franz Kafka ist einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts. Sein Werk hatte einen weltweiten Einfluss auf die moderne Literatur. Kafka wurde 1883 in Prag geboren und starb 1924 in einem Sanatorium in der Nähe Wiens.

Kafka ist als Dr. jur. und Angestellter der Arbeiter-Unfall-Versicherung mit den anonymen Mächten der verwalteten Welt besonders gut vertraut. Seine Werke wurden bislang immer nur aktueller, schildern sie doch oft die Demütigung machtloser Figuren durch scheinbar allmächtige Gegenspieler.

1917 erkrankte Kafka an Tuberkulose, was ihn 1922 zur Aufgabe des Berufes zwang. Von seinen Romanen und Erzählungen wollte er allein  Das Urteil, Der Heizer, Die Verwandlung, In der Strafkolonie, Ein Landarzt und Ein Hungerkünstler gelten lassen. Alles weitere sollte sein Freund Max Brod, wie er testamentarisch verfügte, nach seinem Tod vernichten. Was Brod zuerst aus Kafkas Nachlass in einer Zeitschrift herausgab, war Kafkas Testament.

Kafkas Texte, die vielen als düster und fatalistisch in Erinnerung sind, enthalten allerdings zahlreiche komische Szenen, ja geradezu Slapstick. In einem Brief an Felice schreibt Franz Kafka: „Ich bin sogar als großer Lacher bekannt.“ Auch diesen Kafka gilt es an diesem Leseabend zu entdecken.

 

schmitz. die buchhandlung
Bürgermeisterhaus Essen-Werden
Donnerstag, 18. April 2024
Beginn

 

// Immer schön sachlich

// Bücher

Schwierigkeiten mit der Heiligsprechung

 

 

Louise Erdrich
Die Wunder von Little No Horse
Aufbau 2019

Mit Liebeszauber (atb 3525) begann Louise Erdrich ihre Romane über das Chippewarereservat. Darauf folgte die Rübenkönigin und nun, von Gesine Schröder übersetzt, Die Wunder von Little No Horse.

Im Mittelpunkt des Romans steht Pater Damien Modeste, dessen Leben als Agnes DeWitt begann und die im Alter nun zur Heiligsprechung von Schwester Leopolda Stellung nehmen soll. Eine Schwester, die ihr Leben im Reservat als Pauline Puyat begann.

Die Welt der Ojibwe wird von Louise Erdrich so lebensecht gestaltet, dass sie den Verehrern der Indianer, die sie als bessere Menschen betrachten, vor allem was die Geschichten um Nanapush angeht, fast als Beleidigung erschien.

Der Erfolg der katholischen Mission unter den Stämmen der Reservate verdankt sich vermutlich der geografischen Verbindung nach Kanada, das französisch und daher katholisch beeinflusst ist. Hinzu kommt die Abgrenzung gegenüber den eher anglikanischen und freikirchlichen weißen Amerikanern, die wie Louise Erdrich an der Figur des rücksichtslosen Mauser zeigt, die Reservatsindianer wo es nur geht, um ihr Land betrügen.

Schließlich kommt die animistische Vorstellungswelt der Ojibwe den eher bunten katholischen Heiligenvorstellungen erheblich näher, als die farblose Strenge der Puritaner. Vielleicht könnte man sagen, dass seit Heinrich Böll nicht mehr so katholische Romane wie die von Louise Erdrich bei einem säkularen Verlag erschienen sind. Das Katholische ist in der Welt der Louise Erdrich allerdings ebenso weit gefasst, wie das Indianische menschlich.

// Leseabend

Drei Welten – drei Werke. Baum, Ditlevsen und Präauer

Unter dem Titel Drei Welten – drei Werke werden drei sehr unterschiedliche Autorinnen oder Autoren vorgestellt. Die Spannungen und Unterschiede, die sich in ihren Werken ergeben mögen, sind immer auch Anlass, Entsprechungen zu entdecken.

Diesmal werden die Werke der Dänin Tove Ditlevsen (1917 – 1976) und der beiden Österreicherinnen Vicki Baum (1888 – 1960) und Teresa Präauer (geb. 1979) vorgestellt. Ihre drei Welten könnten unterschiedlicher nicht sein: Die Kulisse eines luxuriösen Hotels, die Arbeitsbedingungen einer Schriftstellerin in den 1950er Jahren und die hippe Gastkultur moderner Westeuropäer.

Doch verbindet die überaus erfolgreiche Schriftstellerin Vicki Baum mit der wieder entdeckten Tove Ditlevsen und der gerade mit einem neuen Buch hervorgetretenen Teresa Präauer viel. In Drei Welten – drei Werke wechseln wir die Autorinnen, die Milieus und die Zeitzonen, was aber bleibt, ist das Lesevergnügen.

Hier zum Überblick aller Leseabende:

Überblick aller Leseabende

// Bücher

Das Betriebssystem der Unterdrückung


Ernst Dronke

Berlin
Die Andere Bibliothek 2019

Ein Buch, das sofort, noch im Druck, 1846 von der Zensur verboten wurde. Dronke schildert Berlin in der Zeit der Industrialisierung unter den politischen Bedingungen der preußischen Unterdrückung. Den enormen sozialen Druck auf dem Kessel, den man im Vielvölkerstaat Österreich eher zu mildern trachtete, den hielt man in Preußen mit der Hilfe des Militärs gut aus. Damit die Grundstückspreise weiter steigen konnten, wuchs Berlin nur langsam, wurden die Wohnquartiere, die berüchtigten Berliner Hinterhöfe, stets enger und elender.

Dem Elend zu entkommen, war es naheliegend, die Aufstiegsmöglichkeiten über den Weg des Militärs zu nutzen. Womit das Elend diejenigen hervorbrachte, die die Elenden in Schach hielten. Ein Betriebssystem, in dem Elend und Unterdrückung sich gegenseitig regulierten. Die Titelillustration auf dem Buch kombiniert daher Elends- und Militärdarstellung in diesem Sinne.

Dronke schätzt, dass zu dieser Zeit mehr als die Hälfte der Berliner Bevölkerung von Prostitution und Diebstahl leben müssen. Ernst Dronke wurde in Koblenz geboren und starb, wie so viele der 1848er-Revolutionäre, in der Emigration. Er wird von der Bonner Universität relegiert. Er lebt in Berlin, wo er promovieren will und sein Buch entsteht. Mit zeitgenössischen Illustrationen versehen und im grauen Sackleinen des Elends gebunden, wird Ernst Dronkes große Sozialstudie wieder zugänglich gemacht.