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Bov Bjerg
Die Modernisierung meiner Mutter. Geschichten
Blumenbar 2016
Längst ist eine neue Generation von Schriftstellern wie Bov Bjerg oder auch Joachim Meyerhoff dabei, die Satire in die Literatur wieder einzuführen. In einer Variante allerdings. Da ihre Texte ohne direkte soziale Beschreibung und politische Aussage bleiben, aber um so mehr Alltagskultur mit einem zum Teil hohen Grad an Wiedererkennungswert aufweisen, nennt man sie vielleicht besser Schwänke.
Der Erfolg beider hat aber mit der Form weniger zu tun, als mit der Zäsur, die die Digitalisierung bedeutete. Über sie geht keiner der beiden hinaus. Und, das ist auch klar, dahinter wollen sie nicht zurück, denn was heute ist und früher war, ist bei Ihnen niemals explizit. Solche Vergleiche wären reine Sentimentalität.
So brachial der Bruch ist, den die Digitalisierung von heute aus bedeutete, so einfach und brav erscheint die Lebenswelt mit ihren Medien damals: Radio, Bravo, Kassettendeck oder Fernsehen, die man mittels kritischer Medienerziehung in den Griff zu bekommen trachtete. Zur Heiterkeit beim Publikum reicht heute eine unsentimentale Erzählung davon. Und das haben Bjerg und Meyerhoff für uns entdeckt.
Vielleicht wären die Geschichten von Matthias Brandt, die unter dem Titel Raumpatrouille erschienen sind, auch dazu zu zählen. Jedem fällt sofort die Serie „Raumpatrouille Orion“ ein, von der im Buch an keiner Stelle die Rede ist, die aber wie ein Losungswort für die 1970er Jahre funktioniert.
Auf dem Land oder in der Provinz ist das Fernsehen das Fenster zur Welt. Das Fernsehen, das uns von heute aus mit seinen zwei oder drei Programmen so harmlos erscheint, es erregte die Sehnsucht nach der großen Stadt, nach Berlin (Bjerg), nach München (Meyerhoff) oder Amerika (beide).
Nicht weniger harmlos erscheinen darum die Ausbruchsversuche, die Neuanfänge der Eltern, wenn sie Autofahren (Bjerg) oder Segeln (Meyerhoff) lernen. Bei Brandt erlebt man den Vater mit Herbert Wehner beim Radfahren scheitern. Und so liest man in diesen auf eine neue harmlose Art und Weise erzählten Geschichten, wie man in den 1980er Ephraim Kishons Satiren las.
Mit dem einen auch nicht unwesentlichen Unterschied vielleicht, dass Bjerg wie auch Meyerhoff ihre Texte zunächst im Tauchbad des öffentlichen Vortrags auf kleinen wie großen Bühnen sprechen und entwickeln konnten. Was man besonders Bjerg anmerkt, den man eigentlich immer laut vorlesen sollte.