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Thomas Melle
3000 Euro
Roman
Rowohlt Berlin 2014
3000 Euro ist ein Roman über die Übersehenen. Denise, die alleinerziehende Kassiererin bei Lidl. Der obdachlose Anton, der nach Monaten der Alkoholexzesse und Überschuldung in einem Heim untergekommen ist. Beide mit eigenen Sorgen, mit eigenen Schwankungen.
Denise zwischen der Sorge um ihr Kind und Drogenabstürzen, Anton zwischen Schuldnerberatung und Tafel. Sie verbindet der Gedanke an 3000 Euro. Anton braucht sie, um fürs Erste aus seinen Schulden zu kommen. „Wenn er nur diese dreitausend Euro an Schulden los wäre, er könnte wieder besser atmen. Er wäre nicht mehr nur ein Minus in der Landschaft, ein wandelndes Negativum. Er wäre wieder jemand. Zunmindest wäre er wieder die alte Null von früher.“
Denise wartet auf 3000 Euro als Honorar für einen Pornofilm. „Sie meidet die Blicke der Kunden, vor allem die der männlichen. Sie triefen vor Geilheit, das weiß sie, und sie haben allen Grund dazu. Nein, sie triefen nicht. Sie sind einfach nur da, streifen ihren Lidschatten, tasten ihren Mund ab, bleiben an ihrem Piercing hängen, verbeißen sich in ihrem Augen, wenn sie nicht schnell genug wegsieht. Sie fahren ihr über Schenkel und Brüste und Bauch und Hals.“
Cathrin und Hermann sind für Anton die letzte Verbindung in die alte Welt. Ein Anzug, den er von Hermann – statt der erwarteten 3000 Euro – geschenkt bekommt, gibt ihm das Gefühl wieder wahrgenommen zu werden. Der Roman beginnt damit, wie Anton, der Obdachlose, der Verwahrloste übersehen wird: „Da ist ein Mensch drin, auch wenn es nicht so scheint. Unter den Flicken und Fetzen bewegt sich nichts. Die Passaten gehen an dem Haufen vorbei, als wäre er nicht da. Jeder sieht ihn, aber die Blicke wandern sofort weiter.“
Thomas Melle hat einen starken Roman über eine eigene soziale Sphäre geschrieben. Einen Sozialroman vielleicht, über das Übersehen, das wieder Erscheinen und das endgültige Verschwinden.