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Der Garten, der uns hervorbringt

Horst Bredekamp
Leibniz und die Revolution der Gartenkunst
Herrenhausen, Versailles und die Philosophie der Blätter
Wagenbach 2012

Schon seit Jahren gibt Wagenbach besonders fein gestaltete großformatige kulturwissenschaftliche Essays heraus. Eine Lust am Buch, die sich sofort sinnlich mitteilt. In Horst Bredekamp hat der Verlag einen Autor, der die Reihe wesentlich lebendig hält.

In seinem neuen Buch beschreibt Horst Bredekamp die Gartenkunst in zwei Richtungen. Einerseits als das was, man damit ausdrücken möchte: Ruhe und Ordnung in wild wuchernder Natur. Andererseits als das , was sie in uns auslösen mag: Beruhigung und Harmonie. Die gängige Unterscheidung von disziplinierendem Barockgarten und die Blicke frei gebenden Landschaftsgarten hält Bredekamp aus dem historisch überlieferten Material nicht zu belegen.

So findet er in Leibniz‘ Briefen und Notizen zum Großen Herrenhausener Garten Belege für einige die Landschaftgärtnerei vorwegnehmende Überlegungen. Und von der von Leibniz mitgestalteten Gartenanlage selbst sieht er einen Einfluss ausgehen, in dem der Raum die Philosophie mit hervorbrachte. Ein Garten, der den, der ihn anlegt, mit hervorbringt.

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Ereigniskarte: Lesen Sie dieses Buch

Andreas Tönnesmann
MONOPOLY
Das Spiel, die Stadt und das Glück
Wagenbach 2011

Vielleicht wäre der Rezensent weniger voreingenommen, wenn nicht der ältere Bruder dieses Spiel immer gewonnen hätte. Während dieser also die Parkstraße frühzeitig besetzte und seine Mitspieler in den Ruin trieb – natürlich machte er auch die Bank! – musste der Rezensent sehen, wo er blieb. Zumeist konnte er nur auf der Turmstraße und Badstraße – wir nannten sie auch Klostraße – Häuser bauen, die Mieten allerdings waren lächerlich. Außerdem war die strategische Lage nach „Los“, worauf man durch die Ereigniskarten gelegentlich geschickt wurde, ungünstig.

Andreas Tönnesmann schreibt hier die Kulturgeschichte von Monopoly, das nach Schach, lange Zeit zu den komplexesten Gesellschaftspielen überhaupt gehörte. Allerdings konnte man sofort beginnen zu spielen und während des Spiels die Regeln erklären.

Andreas Tönnesmann beschreibt die Entwicklungsgeschichte des Spiels von Charles Darrow bis zum Siegeszug durch die ganze Welt, die Situierung des Spiels in verschiedene politische Kontexte vom Kalten Krieg bis zum linken Milieu und, dies ist sicherlich das spannendste Kapitel des Buches, die dem Spiel zugrunde liegende Ordnungsvorstellung der Stadt.

Das Spiel der Kapitalisten

Wie sehr der Wagenbach Verlag der linken Milieubindung entwachsen ist und sich zu einem Verlag mit zahlreichen kulturgeschichtlichen Werken entwickelt hat, zeigt ganz nebenbei auch dieses Buch über das Spiel der Kapitalisten. Die linke Variante von Monopoly, die unter dem Titel „Klassenkampf“ 1978 erschien, beurteilt Tönnesmann so: „Wenn es je eine durch und durch unterhaltungsfreie, staubtrockene Methode gab, Zeit totzuschlagen, dann das gemeinschaftliche Spiel von Klassenkampf“. Ein Spiel, vor dessen Beginn die Autoren von damals, Martin E. Süskind und Peter Brandt, einen 32seitige Spielanleitung gestellt haben. Erinnert einen sehr an den Unterricht von damals, der irgendwie immer umständlich war, einen aufhielt, von sich selbst aber behauptete unbedingt „Spaß zu machen“!

Das Glück zu spielen

Monopoly ist für Tönnesmann, genauso wie für den Rezensenten, vor allem eine Erinnerung. Jedoch: „Man spielt auch dann, wenn man weiß, dass man nie gewinnt“, schreibt er über sich und seine Mitspieler. Ganz am Ende kommt er, nach der Geschichte des Spiels, der darin verborgenen Stadt- und Kulturgeschichte darauf zurück. Das eigentlich Familiäre des Spiels klingt noch einmal mit Johan Huizinga und Donald Winnicott an. Das Glück im Spiel ist das Glück zu spielen.

Das Buch ist fein gemacht und schön ausgestattet. Andreas Tönnesmann schreibt lehrreich, unterhaltsam und unkomplizert. Monopoly ist ein Glück, selbst dann, wenn man sich nur schmerzhaft der Ereigniskarte des vollständigen Ruins erinnert: „Rücke vor bis zur Schloßallee.“

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Bruder Albrecht

Wolfgang Ullrich
Raffinierte Kunst
Übung vor Reproduktionen
Wagenbach 2009

Dass die Reproduktion insgesamt ein Kennzeichen des Verfalls sei, die Filmkopie, die Zeitung im Rotationsdruck, das Buch für den Massenmarkt schließlich ebenso, das ist gängiges Ressentiment bis heute. Da kommt der Aufsatz Benjamins vom ‚Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit‘ lediglich noch als Titel, viel weniger als Lektüre in Frage. Als nahezu „abschließend“, meint Wolfgang Ullrich, hat hier Benjamins Schlagwort gewirkt.
Meister des Marketings mit Reproduktionen sind aber nicht die Brüder Karl und Theo Albrecht, sondern ein Künstler eben der Zeit, in der künstlerische Individualität allererst erfunden wird, Albrecht Dürer. Die Faksimileausgabe seines Marienlebens, das er in nicht wenigen Ausgaben hervorragend zu vermarkten wusste, wird nun von Prestel in einer Schmuckkassette mit einem Begleitbuch wieder zugänglich gemacht.