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Ereigniskarte: Lesen Sie dieses Buch

Andreas Tönnesmann
MONOPOLY
Das Spiel, die Stadt und das Glück
Wagenbach 2011

Vielleicht wäre der Rezensent weniger voreingenommen, wenn nicht der ältere Bruder dieses Spiel immer gewonnen hätte. Während dieser also die Parkstraße frühzeitig besetzte und seine Mitspieler in den Ruin trieb – natürlich machte er auch die Bank! – musste der Rezensent sehen, wo er blieb. Zumeist konnte er nur auf der Turmstraße und Badstraße – wir nannten sie auch Klostraße – Häuser bauen, die Mieten allerdings waren lächerlich. Außerdem war die strategische Lage nach „Los“, worauf man durch die Ereigniskarten gelegentlich geschickt wurde, ungünstig.

Andreas Tönnesmann schreibt hier die Kulturgeschichte von Monopoly, das nach Schach, lange Zeit zu den komplexesten Gesellschaftspielen überhaupt gehörte. Allerdings konnte man sofort beginnen zu spielen und während des Spiels die Regeln erklären.

Andreas Tönnesmann beschreibt die Entwicklungsgeschichte des Spiels von Charles Darrow bis zum Siegeszug durch die ganze Welt, die Situierung des Spiels in verschiedene politische Kontexte vom Kalten Krieg bis zum linken Milieu und, dies ist sicherlich das spannendste Kapitel des Buches, die dem Spiel zugrunde liegende Ordnungsvorstellung der Stadt.

Das Spiel der Kapitalisten

Wie sehr der Wagenbach Verlag der linken Milieubindung entwachsen ist und sich zu einem Verlag mit zahlreichen kulturgeschichtlichen Werken entwickelt hat, zeigt ganz nebenbei auch dieses Buch über das Spiel der Kapitalisten. Die linke Variante von Monopoly, die unter dem Titel „Klassenkampf“ 1978 erschien, beurteilt Tönnesmann so: „Wenn es je eine durch und durch unterhaltungsfreie, staubtrockene Methode gab, Zeit totzuschlagen, dann das gemeinschaftliche Spiel von Klassenkampf“. Ein Spiel, vor dessen Beginn die Autoren von damals, Martin E. Süskind und Peter Brandt, einen 32seitige Spielanleitung gestellt haben. Erinnert einen sehr an den Unterricht von damals, der irgendwie immer umständlich war, einen aufhielt, von sich selbst aber behauptete unbedingt „Spaß zu machen“!

Das Glück zu spielen

Monopoly ist für Tönnesmann, genauso wie für den Rezensenten, vor allem eine Erinnerung. Jedoch: „Man spielt auch dann, wenn man weiß, dass man nie gewinnt“, schreibt er über sich und seine Mitspieler. Ganz am Ende kommt er, nach der Geschichte des Spiels, der darin verborgenen Stadt- und Kulturgeschichte darauf zurück. Das eigentlich Familiäre des Spiels klingt noch einmal mit Johan Huizinga und Donald Winnicott an. Das Glück im Spiel ist das Glück zu spielen.

Das Buch ist fein gemacht und schön ausgestattet. Andreas Tönnesmann schreibt lehrreich, unterhaltsam und unkomplizert. Monopoly ist ein Glück, selbst dann, wenn man sich nur schmerzhaft der Ereigniskarte des vollständigen Ruins erinnert: „Rücke vor bis zur Schloßallee.“