// 2013

// Bücher

Politischer Gesellschaftsroman

Erik Larson
Tiergarten. In the garden of beasts
Ein amerikanischer Botschafter in Nazi-Deutschland
Hoffmann und Campe 2013


Hier zur Besprechung bei Deutschlandradio Kultur.

// Bücher

Das beste Sachbuch und die besten Sachbücher 2013

Ausgezeichnet werden für das Jahr 2013 Bücher in den folgenden Kategorien: erzählendes naturwissenschaftliches Sachbuch, erzählendes historisches Sachbuch, erzählendes zeitgeschichtliches Sachbuch, Reportage, Essay, Biografie, Autobiografie und Ratgeber.

Die besten deutschsprachigen Sachbücher des Jahres werden bereits seit 2008 auf dieser Seite präsentiert. Zu den prämierten Büchern der vergangenen Jahre am Ende dieser Seite. Ein Preisgeld steht nicht zur Verfügung. Jury: Michael Schikowski.

———-

Kategorie bestes erzählendes naturwissenschaftliches Sachbuch

Martin Bleif hat ein großartig geschriebenes Buch, ein Kompendium vorgelegt, in dem er sich auf einen Dialog mit seinen Lesern einlässt. Krebs ist eine Medizin- und Kulturgeschichte des malträtierten Leibes, malträtiert von der Krankheit wie von seiner Zunft.

Martin Bleif
Krebs
Die unsterbliche Krankheit
Klett-Cotta 2013


Hier zur ausführlichen Besprechung.

———-

Kategorie bestes erzählendes historisches Sachbuch

Loel Zwecker schreibt Geschichte aus der Perspektive seiner Leser, die in Partnerschaften leben, die zur Arbeit gehen, Steuern zahlen, Kinder erziehen und Sport treiben und sich dann fragen, wie es dazu kam, ob das immer schon so war wie es ist, und ob es so bleiben muss.

Loel Zwecker
Ein Schritt zurück in die Zukunft
Was wir aus der Geschichte lernen können
Pantheon 2013

Hier zur ausführlichen Besprechung.

———–

Kategorie bestes erzählendes zeitgeschichtliches Sachbuch:

Florian Werner
Verhalten bei Weltuntergang
mit Bildern von Nikolaus Heidelbach
Nagel & Kimche 2013

Florian Werner ist der Humorist unter den Sachbuchautoren. Das Buch wurde von Nikolaus Heidelbach wunderbar illustriert, es ist zudem herstellerisch kongenial gestaltet.


Hier zur ausführlichen Besprechung.

———-

Kategorie beste Reportage:

Was niemand machen möchte, sich auf die Ochsentour eines im Vorfeld von der Presse verloren gegebenen Wahlkampfs zu begeben, beobachtet Minkmar genau und er bleibt dran, wo man weglaufen möchte. Er findet eine grandiose Darstellungsform für das persönliche Dilemma des Kandidaten und das öffentliche seiner Partei.

Nils Minkmar
Der Zirkus
Ein Jahr im Innersten der Politik
S. Fischer 2013

———–

Kategorie bester Essay:

Philosophie ist im Grunde ganz einfach. Markus Gabriels großartiges Buch wartet nicht allein mit der im Titel genannten These auf, sondern erläutert diese mit erstaunlicher Einfachheit und Klarheit.

Markus Gabriel
Warum es die Welt nicht gibt
Ullstein 2013

————

Kategorie beste Biografie:

Radkau schreibt ebenso elegant wie sympathisierend über diesen Glücksfall für die junge Republik. Sympathie, die sich gerade darin beweist, dass die Fehler, wie Heuss Zustimmung zum ‚Ermächtigungsgesetz‘, und die Torheiten, wie den Versuch, eine neue Nationalhymne durchzusetzen, nicht wegerklärt oder bagatellisiert werden.

Joachim Radkau
Theodor Heuss
Hanser 2013


Hier zur ausführlicheren Besprechung.

———-

Kategorie bestes autobiografisches Buch

Eine Erinnerung an das Leben unter Vertriebenen in den 1950er Jahren, in der Gauß wieder einmal beweist, was für ein großartiger Stilist er ist – hier der Stilist des kindlichen Blicks.

Karl-Markus Gauß
Das Erste, was ich sah
Zsolnay 2013

————-

Kategorie bester Ratgeber:

Der ideale Ratgeber für unabhängiges Denken unter verwirrten Mitteleuropäern. Widerstand und Ratgeber geht zusammen! Bei Welzer. Also immer.

Harald Welzer
Selbstdenken
Eine Anleitung zum Widerstand
S. Fischer 2013

———-

Hier zum besten Sachbuch und den besten Sachbüchern der Jahre 20142012, 2011, 2010, 2009 und 2008.

// Bücher

Die vielen Ursachen und der eine Auslöser des Ersten Weltkriegs

Christopher Clark
Die Schlafwandler
Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog
DVA 2013

Mit Christopher Clarks umfangreicher Darstellung über die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs hält man nach Emil Ludwigs Juli 14 von 1927 und Fritz Fischers Griff nach der Weltmacht von 1961 sicher eine wirkungsreiche Wortmeldung in Händen. Galt der militärischen Elite der Weimarer Republik der Krieg nur aus Gründen verloren, die man im nächsten zu vermeiden trachtete, war die Meinung einer ‚Kriegsschuldlüge‘ doch erheblich weiter verbreitet. Die Alleinschuld des Kaiserreichs am Ausbruch des Krieges, wie sie im Versailler Vertrag 1919 ratifiziert werden musste, wollte man nicht von den Siegermächten besetzt werden, wurde in Deutschland in fast allen politischen Lagern der Weimarer Republik abgelehnt.

Auch darum stieß das Buch von Emil Ludwig in Deutschland auf erheblichen Widerstand, konnte man darin doch nachlesen, wie sehr die deutsche Politik für den Ausbruch des Krieges verantwortlich war. Der Krieg wurde, so die gängige und verbreitete Meinung, Deutschland aufgezwungen. Diese ablehnende Haltung gegenüber einer Mitschuld Deutschlands hielt sich bis weit über den Zweiten Weltkrieg hinaus. Ja, sie verstärkte sich sogar, gewann an Gewicht allein schon dadurch, dass der Zweite Weltkrieg unbezweifelbar von Deutschland ausging. Um so mehr hielt man sich hinsichtlich des Ersten frei von jeder Schuld.

Fritz Fischers Buch versuchte mit dieser Grundannahme aufzuräumen. Sein Schüler Immanuel Geiss, der übrigens weite Passagen des Buches geschrieben haben soll, gab einige Jahre später einige Bücher von Emil Ludwig in einer Neuauflage heraus. Fischers Buch versuchte nun den Nachweis, dass Deutschland – ganz wie im Zweiten Weltkrieg – auch schon im Ersten Weltkrieg einen Griff nach der Weltmacht versuchte. Der Aufschrei der zünftigen Historiker, die zum Teil noch im Kaiserreich ihre Karriere begonnen hatten, mündete in die sogenannte Fischer-Kontroverse.

Die Pointe dieses erbittert verteidigten Standpunkts über die Kriegschuldfrage Deutschlands liegt aber darin, dass man mit der Unschuld Deutschlands am Ersten Weltkrieg stillschweigend noch etwas anderes verteidigen konnte: Mit dem Versailler Vertrag ist untrennbar der Aufstieg des Nationalsozialismus verbunden, insofern dieser Vertrag nun zu Recht als ungerecht und wahrheitswidrig empfunden werden konnte, sind die Siegermächte von 1918, allen voran Frankreich, auch in der Verantwortung für einen Zweiten Weltkrieg.

Diese Kämpfe sind nun alle Vergangenheit. Und Christopher Clark kann mit den Schlafwandlern versuchen, ein ausgewogeneres Bild zu zeichnen. So ist unbezweifelbar, dass die Rede von der Einkreisung, die Beumelburg als Sperrfeuer um Deutschland in einem Buch festhielt, zu einer fixen Idee wurde, die sich im übrigen aus einer absolut verfehlten Bündnispolitik ergab. Sie war gerade darum verfehlt, weil sie auf die Anzeichen des Niedergangs des Britischen Empire, der machtpolitischen Unerheblichkeit Frankreichs und die Kränkung Russlands durch die Niederlage gegen Japan wenig bis gar nicht reagierte. Sie verband sich viel mehr dem Erhalt Österreich-Ungarns als Großmacht. So komplex die Ursachen sind, die zum Krieg führten, so einfach ist zu begreifen, dass damit der Krieg nur noch eines Auslösers bedurfte. Gerade das zu verhindern, dass Krieg aufgrund eines bloßen Mechanismus ausbricht, ist Aufgabe der Diplomatie – die in Deutschland versagte.

Ein wenig kehrt Clark zu Emil Ludwig zurück. Nur wartet er in seinem spannenden Buch mit einer Fülle von Material auf, ist aber bewundernswürdig in der Souveränität der Darstellung. Christopher Clark erzählt den Weg Europas in den Krieg als ein Folge von Ereignissen, die jederzeit anders hätten verlaufen können und doch in ihren Folgen absehbar waren.