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Das beste Sachbuch und die besten Sachbücher 2011

Ausgezeichnet werden Bücher in folgenden Kategorien: erzählendes zeitgeschichtliches Sachbuch, erzählendes historisches Sachbuch, erzählendes naturwissenschaftliches Sachbuch, Jugendsachbuch, Bildsachbuch, Reportage, Biografie und Ratgeber. Ein Preisgeld steht nicht zur Verfügung. Jury: Michael Schikowski.

Das beste Sachbuch des Jahres 2011:

Florian Werner
Dunkle Materie.
Die Geschichte der Scheiße
Nagel & Kimche 2011

Florian Werner denkt an seine Leser wie kaum ein anderer Sachbuchautor. Er weiß einfach, sie müssen auch mal.

In der Kategorie
bestes erzählendes zeitgeschichtliches Sachbuch:

Michael Hampe
Tunguska
oder das Ende der Natur
Hanser 2011

Michael Hampe ist der wichtigste und mutigste Autor aus dem Entwicklungslabor für das moderne Sachbuch.

In der Kategorie
bestes erzählendes historisches Sachbuch:

Erwin Seitz
Die Verfeinerung der Deutschen.
Eine andere Kulturgeschichte.
Insel 2011

Die schwer gestörte Selbstwahrnehmung der Deutschen arbeitet Erwin Seitz in vierzehn höchst harmonisch gebauten Kapiteln auf: eine Übung in Leichtigkeit und Glück.

In der Kategorie
bestes erzählendes naturwissenschaftliches Sachbuch:

Joachim Radkau
Die Ära der Ökologie.
Eine Weltgeschichte
C. H. Beck 2011

Auf jeder Seite dieses Buchs erweist sich Radkau als der unbestrittene Meister der langen Strecke, die dem Leser nie zu lang wird.

In der Kategorie
bestes Bildsachbuch:

Patricia Holm
Faszinierende Fische.
Biologie, Bedeutung und Zukunft
Haupt 2011

Patricia Holm gelingt schöne Wissenschaft.

In der Kategorie
beste Reportage:

Torsten Körner
Probeliegen.
Geschichten vom Tod
Scherz 2011

Torsten Körner schreibt ohne den spitzen Entlarvungston mancher Kollegen, er recherchiert ohne selbst dauernd im Beobachtungsfeld herum zu stehen und hält einfache Sachen als einfach im Blick ohne sie umständlich aufzublasen. Was alles nicht bedeutet, dass diese Einfachheit einfach wäre. Torsten Körner interessiert sich für die Sache, über die er schreibt, und schon interessiert man sich mit.

In der Kategorie
beste Biografie:

Rüdiger Schaper
Karl May.
Untertan, Hochstapler, Übermensch
Siedler 2011

Schaper hat nicht den falschen Ehrgeiz über Karl May alles nochmal zu sagen. Er schreibt also nicht alles auf, was er über Karl May weiß, aber was man zu lesen bekommt, ist alles ausgezeichnet durchdacht.

In der Kategorie
bester Ratgeber:

Gian Domenico Borasio
Über das Sterben
Was wir wissen. Was wir tun können. Wie wir uns darauf einstellen.
C. H. Beck 2011

Wie selten werden die besten Autorentugenden, Knappheit und Stil, im Buchtyp des Ratgebers verwirklicht. Borasio ist ein Meister. Warum? Weil er mit seinen Lesern wirklich spricht.

Hier zu den besten deutschsprachigen Sachbüchern des Jahres 2014, des Jahres 2013, des Jahres 2012, des Jahres 2010, des Jahres 2009, des Jahres 2008.

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Unter Menschen

„Gesellschaften beschreiben sich permanent selbst – und diese Beschreibungen haben erhebliche Konsequenzen für die Gesellschaft. Letztlich läuft ihr Selbstkontakt über solche Beschreibungen. Und es pflanzen sich diejenigen Beschreibungen am besten fort, an die man am plausibelsten anschließen kann.“ Zu Armin Nassehi, von dem dieses Zitat stammt, weiter unten.

Martin Sonneborn
Heimatkunde
Eine Expedition in die Zone
Ullstein 2010

Man wünscht sich bei allen Autoren, die ein Buch über Deutschland und deutsche Politik und deutsche Wirtschaft schreiben wollen, dass sie zuerst einmal unter Menschen gehen, nicht zu den Menschen! Was sie davon abhält, kann man nur schwer sagen, vermutlich ahnen sie, dass es dann nicht mehr so weit her ist mit ihrem Bescheidwissen. Vielleicht bleiben sie dann so klug wie Martin Sonneborn in seiner Heimatkunde, haben aber dafür den Leser prächtig amüsiert.

Torsten Körner
Geschichten aus dem Speisewagen
Unterwegs in Deutschland
Scherz 2010

In vielen dieser Bücher über Deutschland gibt es kleine Beobachtungen aus dem Alltag. Aber immer nur zur Illustration und Veranschaulichung. Solche Autoren sehen in der Welt nur das, was ihre Überzeugungen stützt. Bei Torsten Körners Geschichten aus dem Speisewagen gibt es solche vorgefassten Überzeugungen nicht, aber einige kluge Überlegungen, die den Beobachtungen folgen.

Moritz von Uslar
Deutschboden
Eine teilnehmende Beobachtung
Kiepenheuer & Witsch 2010

Völlig undenkbar ist für diese Leute, die ihre Deutschlandbücher schreiben und zumeist einer Partei, einer Kirche oder einem Wirtschaftinstitut angehören, einige Wochen oder Monate in dem Umfeld zu verbringen, über das sie in ihren Büchern so messerscharf urteilen. Es mag überhaupt nicht ausgemacht sein, dass solche teilnehmenden Beobachtungen ihre Urteile änderten, aber sie werden schwieriger, vielleicht auch nur maßvoller, wie in Moritz von Uslars Deutschboden.

Armin Nassehi
Mit dem Taxi durch die Gesellschaft
Soziologische Storys
Murmann 2010

Die Beschreibung der Gesellschaft ist ihre Selbstbeschreibung, meint Armin Nassehi, insofern sie plausibel gefunden wird. Wo sich niemand anschließt, bleibt die Beschreibung als Ladenhüter liegen. Dort findet sich dann eine Gesellschaft, in der wir entweder nicht leben oder nicht leben wollen. Die kauft uns dann keiner ab. Wer unter Menschen geht, zumal unter die, über die er schreibt, muss ihnen schon hundert Euro rüberschieben, damit sie so sind, wie er sie medial verwerten kann. Wer das nicht will, lernt wie Armin Nassehi schreibt, dass „unterschiedliche Kontexte auch unterschiedliche Welten hervorbringen“.

Welten, die Martin Sonneborn rund um Berlin, Torsten Körner im Speisewagen, Armin Nassehi im Taxi und Moritz von Uslar im deutschen Osten kennenlernen. Welten, die zeigen, wer unter Menschen geht, wird selber einer.