// Bücher
Richard Dawkins
„Der Gotteswahn“
Ullstein 2007
Machen wir uns nichts vor, Dawkins schreibt nur für die, die ohnehin schon seiner Meinung sind. Zweifellos leben wir in religös leicht übermotivierten Zeiten, in denen dieses Buch sich als kalte Dusche für allzu überbordenden Glaubenseifer erweisen mag. Ich fürchte jedoch, die die Dawkins meint, duschen woanders.
Dawkins Vorstellung von der Welt kann man vielleicht darauf simplifizieren, dass alles was ist, nicht anderes will, als sich selbst reproduzieren. Wenn Sie das als eine für Sie besonders schwierige Aufgabenstellung auffassen, kann ich Sie beruhigen: Gelegentliche Fehler in der Kopie führen zu Varianten, die die eigentlich evolutionäre Entwicklung verursachen. Was unsere Kinder glücklicherweise so ganz anders als wir selbst geraten lässt. Das gilt sowohl für die biografische wie auch die kulturelle Evolution, für Gene also, wie für – wie Dawkins sie nennt – Meme. Das sind Ideen, Erzählungen und Rituale, die wieder nichts anderes im Sinn haben als sich zu reproduzieren. Ein solches Mem ist auch der Kreationismus, an dessen Kopierer Dawkins aber den Stecker zieht.
Dawkins langt also recht grob hin. Das Buch muss man irgendwie schon mit grimmiger Miene lesen. Da hört sich Goethe 1782 in einem Brief an Lavater doch ganz anders an: „Du hälst das Evangelium, wie es steht, für die göttliche Wahrheit. Mich würde eine vernehmliche Stimme vom Himmel nicht überzeugen, dass das Wasser brennt und dass das Feuer löscht, dass ein Weib ohne Mann gebiert und dass ein Toter aufersteht. Vielmehr halte ich dieses für Lästerungen gegen den großen Gott und seine Offenbarung in der Natur.“