// 2010

// Bücher

Faxen oder Haxen

Thilo Bode
Die Essensfälscher
S. Fischer 2010

Jonathan Safran Foer
Tiere essen
Kiepenheuer & Witsch 2010

Thilo Bode segelt reichlich hart am Wind, für den er mit aufgeblasenen Backen selbst sorgt. Man wundert sich, dass er als Soziologe nicht zeigt, wie die von ihm vermutlich zu Recht beanstandeten Produkte Trends wie Bio, Light, Vollkorn camouflieren, Produktnamen, die von den Nahrungsmittelindustriekritikern in Umlauf gebracht wurden.

Inzwischen in der sechsten Auflage ist Foer, eine weniger als Bode, aber in den Foer zur Verfügung stehenden literarischen Mitteln Bode haushoch überlegen. Ein Buch, das man nicht einfach mal schreibt, weil man plötzlich kein Fleisch mehr mag. Foer schreibt als Schriftsteller, Bode als Inhaber einer von ihm gegründeten Verbraucherorganisation foodwatch, die sich ganz unbescheiden als „essensretter“ bezeichnet.

Umgekehrt betrachtet: was man Foer zubilligt, der ja überall ausgezeichnet besprochen wurde, würde man einem deutschsprachigen Autor als Manierismus ankreiden, ihm vielleicht mitteilen, er solle doch die literarischen Faxen sein lassen und schnell zu den Haxen kommen.

// Bücher

Ergebnis und Erlebnis

Richard David Precht
Die Kunst kein Egoist zu sein
Goldmann 2010

Vom Autor heißt es im Klappentext, dass er für „nahezu alle großen deutschen Zeitungen und Sendeanstalten“ arbeite. Ist das eine Drohung? Leider ja! So liest sich sein Buch wie eine Talkshow mit ihm als einzigen Gast und Gastgeber und der erschreckenden Sendezeit von 500 Seiten. In einer ähnlichen Größenordnung sind die Fußnoten; sonst dazu da, nachzuweisen, woher man Gedanken übernommen hat, dienen sie hier dazu nachzuweisen, wo sich Precht in den Büchern etwas angestrichen hat. Allein, dadurch, dass er diese Gedanken überprüfbar macht, werden seine fünfhundert Fußnoten ja nicht wirklich überprüft.

Es liegt nicht an den Fußnoten, dass man sich bei Prechts Text, aus dem zweifellos viel zu lernen ist, eines Eindrucks nicht erwehren kann: hier schreibt kein Schriftsteller. Was dem Buch dazu fehlt? Fast alles: Glossen. Anekdoten, persönliche Mitteilungen, Abschweifungen, Pointen, kurz alles, von dem man sonst sagt, dass es nicht zur Sache gehört. Dem Buch fehlen als Talkshow schlicht weitere Gäste, die man als guter Autor auch einmal zu Wort kommen lassen müsste.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Mangel attraktiver Darstellungsmittel mit seinem nahezu verschwenderischen Einsatz von Nachweisen in diesem Buch? Vermutlich dieses: Ein Erlebnis ist bei guten Büchern auch ein Ergebnis.

// Bücher

Lob der Pumpe

Dietrich Grönemeyer
Dein Herz
S. Fischer 2010

Zweifellos ein solide gemachtes Buch mit Lesebändchen, mit vielen Bildern und Gedichten, alles herzerwärmend. Allerdings kommen einem die Bilder aus der Kunst und Texte der Weltliteratur ein wenig wie in einen ganz gewöhnlichen Ratgeber hineingeklebt vor. Der Text geht an all diesen kleinen Aufmerksamkeiten fürs Auge und Gemüt recht hartherzig vorbei.

Die Ärzte sind neben den Journalisten auf der Bestsellerliste 2010 die am häufigsten vertretene Berufsgruppe: Dietrich Grönemeyer, Eckart von Hirschhausen und Manfred Lütz. Seit es Sachbücher gibt, bedienen Ärzte diesen Markt: Schwenninger, Schleich, Sauerbruch, Hackethal. „Der nächste bitte!“