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Das beste Sachbuch und die besten Sachbücher 2013

Ausgezeichnet werden für das Jahr 2013 Bücher in den folgenden Kategorien: erzählendes naturwissenschaftliches Sachbuch, erzählendes historisches Sachbuch, erzählendes zeitgeschichtliches Sachbuch, Reportage, Essay, Biografie, Autobiografie und Ratgeber.

Die besten deutschsprachigen Sachbücher des Jahres werden bereits seit 2008 auf dieser Seite präsentiert. Zu den prämierten Büchern der vergangenen Jahre am Ende dieser Seite. Ein Preisgeld steht nicht zur Verfügung. Jury: Michael Schikowski.

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Kategorie bestes erzählendes naturwissenschaftliches Sachbuch

Martin Bleif hat ein großartig geschriebenes Buch, ein Kompendium vorgelegt, in dem er sich auf einen Dialog mit seinen Lesern einlässt. Krebs ist eine Medizin- und Kulturgeschichte des malträtierten Leibes, malträtiert von der Krankheit wie von seiner Zunft.

Martin Bleif
Krebs
Die unsterbliche Krankheit
Klett-Cotta 2013


Hier zur ausführlichen Besprechung.

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Kategorie bestes erzählendes historisches Sachbuch

Loel Zwecker schreibt Geschichte aus der Perspektive seiner Leser, die in Partnerschaften leben, die zur Arbeit gehen, Steuern zahlen, Kinder erziehen und Sport treiben und sich dann fragen, wie es dazu kam, ob das immer schon so war wie es ist, und ob es so bleiben muss.

Loel Zwecker
Ein Schritt zurück in die Zukunft
Was wir aus der Geschichte lernen können
Pantheon 2013

Hier zur ausführlichen Besprechung.

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Kategorie bestes erzählendes zeitgeschichtliches Sachbuch:

Florian Werner
Verhalten bei Weltuntergang
mit Bildern von Nikolaus Heidelbach
Nagel & Kimche 2013

Florian Werner ist der Humorist unter den Sachbuchautoren. Das Buch wurde von Nikolaus Heidelbach wunderbar illustriert, es ist zudem herstellerisch kongenial gestaltet.


Hier zur ausführlichen Besprechung.

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Kategorie beste Reportage:

Was niemand machen möchte, sich auf die Ochsentour eines im Vorfeld von der Presse verloren gegebenen Wahlkampfs zu begeben, beobachtet Minkmar genau und er bleibt dran, wo man weglaufen möchte. Er findet eine grandiose Darstellungsform für das persönliche Dilemma des Kandidaten und das öffentliche seiner Partei.

Nils Minkmar
Der Zirkus
Ein Jahr im Innersten der Politik
S. Fischer 2013

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Kategorie bester Essay:

Philosophie ist im Grunde ganz einfach. Markus Gabriels großartiges Buch wartet nicht allein mit der im Titel genannten These auf, sondern erläutert diese mit erstaunlicher Einfachheit und Klarheit.

Markus Gabriel
Warum es die Welt nicht gibt
Ullstein 2013

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Kategorie beste Biografie:

Radkau schreibt ebenso elegant wie sympathisierend über diesen Glücksfall für die junge Republik. Sympathie, die sich gerade darin beweist, dass die Fehler, wie Heuss Zustimmung zum ‚Ermächtigungsgesetz‘, und die Torheiten, wie den Versuch, eine neue Nationalhymne durchzusetzen, nicht wegerklärt oder bagatellisiert werden.

Joachim Radkau
Theodor Heuss
Hanser 2013


Hier zur ausführlicheren Besprechung.

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Kategorie bestes autobiografisches Buch

Eine Erinnerung an das Leben unter Vertriebenen in den 1950er Jahren, in der Gauß wieder einmal beweist, was für ein großartiger Stilist er ist – hier der Stilist des kindlichen Blicks.

Karl-Markus Gauß
Das Erste, was ich sah
Zsolnay 2013

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Kategorie bester Ratgeber:

Der ideale Ratgeber für unabhängiges Denken unter verwirrten Mitteleuropäern. Widerstand und Ratgeber geht zusammen! Bei Welzer. Also immer.

Harald Welzer
Selbstdenken
Eine Anleitung zum Widerstand
S. Fischer 2013

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Hier zum besten Sachbuch und den besten Sachbüchern der Jahre 20142012, 2011, 2010, 2009 und 2008.

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Die junge Republik der alten Männer

Joachim Radkau
Theodor Heuss
Hanser 2013

Für Theodor Heuss gilt dasselbe was für seinen Biographen Joachim Radkau gilt, sie haben sich beide durch ein beeindruckend umfangreiches schriftstellerisches Werk im Genre des Sachbuchs eine eigene Lesergemeinde geschaffen. Nur dass Heuss schriftstellerisches Werk mit der Gründergeneration der alten Bundesrepublik untergegangen und vergessen ist. Allein die kleine Schrift Hitlers Weg von 1932 erschien in der Bibliothek verbrannter Bücher bei Olms. Überhaupt ist von dieser jungen Republik der alten Männer nicht mehr viel im kulturellen Gedächtnis. Selbst Radkau und sein Verlag halten es für unnötig, das schriftstellerische Gesamtwerk Heuss‘ aufzulisten.

Es kommt gar nicht so selten vor, dass sich Rezensenten bei den Büchern, deren Verfasser man nicht mag oder deren Gegenstand man schon immer skeptisch betrachtete, für eine Quälerei von nicht unter dreihundert Seiten mit einem gehörigen Verriss rächen. Umgekehrt, also im Falle der Nähe, droht aber auch Gefahr.

Vom Mögen und Nichtmögen mit und ohne Gründe kann vielleicht auch beim Verhaltnis Heuss-Radkau die Rede sein. Nach Technik in Deutschland, Holz, Das Zeitalter der Nervosität, Max Weber und Die Ära der Ökologie nun also die voluminöse und vom Gestus der Sympathie getragene Darstellung von Theodor Heuss. Radkau schreibt ebenso elegant wie sympathisierend über diesen Glücksfall für die junge Republik. Sympathie, die sich gerade darin beweist, dass die Fehler, wie Heuss Zustimmung zum ‚Ermächtigungsgesetz‘, und die Torheiten, wie den Versuch, eine neue Nationalhymne durchzusetzen, nicht wegerklärt oder bagatellisiert werden.

Die ganze Lebens- und Denkungsart eines Theodor Heuss verbindet sich mit einem Geschmacksmuster, das etwas opahaftes an sich hat, mit einer Vorliebe für Idyllen, die mit Behagen einverleibt werden. Die Generation der über den Bauch bis unter die Achseln hochgezogenen Hosen. Freundlich und allzu nachsichtig mit Tätern. Der Ort des Urteils ist bei Heuss und seinen Zeitgenossen nicht der Kopf, sondern das Herz. Nicht immer und überall, aber dann doch häufig genug und vor allem aus dem Blickwinkel der nachkommenden jungen Männer der alten Republik.

Hier zu einer Kurzbesprechung von Joachim Radkaus Buch Holz unter dem Titel „Stoffgeschichte“.

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Wir müssen über Ziele reden

Christoph Bartmann
Leben im Büro
Die schöne neue Welt der Angestellten
Hanser 2012

Im Grunde hat Christoph Bartmann drei Bücher geschrieben. Das erste handelt mehr oder weniger von seinem Büroalltag. Das zweite Buch enthält ausgezeichnete Aufsätze zur historischen Entwicklung der Büroorganisation. Das dritte Buch erläutert unabweisbar genau, was das Büro aus uns gemacht hat. Leider nehmen diese drei Bücher kaum Bezug aufeinander und man hat den Eindruck, dass das irgendwie auch wieder typisch fürs Büro ist.

Ein viertes Buch im Buch, in dem dezidiert von denjenigen Wirtschaftsinstituten und sogenannten think tanks in Harvard, St. Gallen oder Gütersloh die Rede wäre, die die Schnittstellen von Wirtschaft und Poiltik formulieren und helfen in politische Programme umzugießen, dieses Buch hat Bartmann nicht geschrieben. Dazu hätte er raus aus dem Büro gemusst. Ansonsten besitzt Christoph Bartmann eine Neigung zum überaus langen Zitat, durch dessen Länge gelegendlich das aus dem Blick gerät, was gezeigt werden sollte.

Trotzdem schießen in diesem im übrigen hervorragend geschriebenen Buch gelegentlich alle Beobachtungen und Analysen zusammen, z. B. in genau dem Kapitel, in dem Christoph Bartmann die Bücher von Miriam Meckel erläutert. Er zeigt, wie sie Burnout als „Zusatzqualifikation“ nutzt.

Wer mit Symptomen reagiert, die man als Stress erkennt, hat zweimal verloren, er hat Stress und ist überfordert. Das quält von zwei Seiten. Burnout ist nach Bartmann dagegen „die unpeinlichste aller Krankheiten“. Daher lässt sich Burnout hervorragend im Büro erzählen, mit Burnout lässt sich angeben, denn diese Krankheit zeugt „von einer exzessiven Leistungsfähigkeit und – bereitschaft“. Burnout erscheint daher weniger als Problem, denn als Lösung.

An der Stechkarte, die mal den Schlendrian verhindern sollte, zeigt sich die Veränderung, denn heute dient sie der Einschränkung von Überarbeitung. Das Buch endet, wo das Büro nun angekommen ist, in uns selbst.